Ulm – Schalke 0:0: Schalke verärgert selbst die treuen Auswärtsfans

Ulm – Schalke 0:0: Schalke verärgert selbst die treuen Auswärtsfans

2. November 2024 1 Von Susanne Hein-Reipen

Der FC Schalke 04 und der SSV Ulm trennen sich im Kellerduell mit einem leistungsgerechten 0:0. Die knapp 4.000 mitgereisten Schalker Fans im ausverkauften Donaustadion, die eine sehenswerte VORWÄRTS FC SCHALKE-Choreo und Dauersupport abliefern, sind nach Abpfiff frustriert über die mangelhaften Offensivbemühungen und schweigen ihre Mannschaft an. Susanne Hein-Reipen berichtet…  

Das letzte Pflichtspiel der „Knappen“ bei den „Spatzen“ liegt fast 25 Jahre zurück, dementsprechend groß war der Andrang auf die Tickets für einen für viele Schalker neuen Ground. Etliche Schalker, die sich über den SSV eingedeckt hatten, bekamen in dieser Woche eine Stornierung ihrer Tickets; der Aufsteiger verweigerte sich zudem allen Lösungsversuchen der Fanbeauftragten des S 04 für die Schalker, die bereits Anreise oder Hotel im Ländle gebucht hatten.

Die Anreise per Auto oder Bus gestaltet sich dank des Feiertages unkompliziert; zudem ist das Donaustadion von der Innenstadt aus problemlos fußläufig zu erreichen. Ein goldener Herbsttag lässt die Bäume entlang der Donau strahlen, als die Schalker den Umweg zum Gästeeingang antreten.

VORWÄRTS FC SCHALKE

Auf dem Gästeparkplatz verkaufen die Ultras Gelsenkirchen für schlanke 5 Euro Schals mit „Vorwärts FC Schalke“, dann reiht sich eine lange Schlange Richtung Gästeeingang. Aufgrund der akribischen aber freundlichen Kontrollen dauern die ca. 100 Meter fast 40 Minuten, was vielen KSC-Aufklebern entlang des Zaunes das Leben kostet. Sie werden ersetzt durch Schalker Sticker aller Art…

Das Catering besteht traditionell aus Würstchen und Bier; die freundlichen Helfer zapfen angesichts der großen durstigen Meute um ihr Leben. Im Publikum freut sich der 5jährige Jonas über seine Stadionpremiere und tippt 2:0 für Schalke. Etwas ungewöhnlich ist, dass sich die Ulmer Keeper vor der Gästekurve warmmachen, Heekeren und Co.  hingegen vor dem „D Block Donaustadion“.

Das Ulmer Maskottchen Spatz Albert und der Stadionsprecher heißen auch die Gäste aus dem Ruhrpott herzlich willkommen. Die Schalker Spieler laufen erst einmal zur Begrüßung zum Gästeblock, bevor sie sich auf der anderen Seite aufwärmen. Die Gesamtbilanz zwischen beiden Vereinen spricht mit 3 Siegen, 2 Unentschieden und 1 Niederlage für Schalke, der Gästeblock schickt direkt einmal ein „Auf geht’s Schalke kämpfen und siegen“ los.

Ein etwas schräges SSV-Lied später, das ein wenig wie „Nina Hagen für Arme“ klingt, wird die Schalker Aufstellung verlesen: Kees van Wonderen startet mit Heekeren, Murkin, Kaminski, Kalas, Bulut, Seguin, Grüger, Mohr, Bachmann, Aydin und Karaman. Anschließend malträtiert eine weitere Ulmer Hymne mit einer arg jammernden Frauenstimme die Trommelfelle und es gibt die Startelf der Gastgeber.

Als die Mannschaften auf den Platz kommen, geben beide Fankurven alles; der Heimblock zündelt kräftig und vor der Gästekurve erhebt sich ein überdimensionales VORWÄRTS FC SCHALKE-Banner. Passend dazu werden dahinter tausende Mottoschals in die Höhe gereckt, dazu wird inbrünstig „Schalke, ich bin für Dich geboren…“ rausgebrüllt.

Angst essen Seele auf

Das Geschehen auf dem Rasen kann leider zum wiederholten Mal nicht mit dem Feuerwerk auf den Rängen mithalten; beiden Mannschaften ist die Verunsicherung und die Angst vor Fehlern deutlich anzumerken, zudem scheinen die Schalker das falsche Schuhwerk für den feuchten Rasen gewählt zu haben und rutschen wiederholt aus.

Die ersten Aktionen gehen an die Hausherren in Gestalt von Krattenmacher und Chessa, für Königsblau starten Kalas und Murkin den ersten Vorstoß (9.). Wenig später erhält Bachmann die erste gelbe Karte der Begegnung, weil er Chessas Fuß mit dem Rasen verwechselt (11.).

Kurz darauf heißt es tief durchatmen für den königsblauen Anhang, denn Krattenmacher umdribbelt auf der linken Seite Freund und Feind und schlenzt das Leder aus knapp 20 Metern Torentfernung an die Unterseite der Latte, von wo der Ball wieder ins Feld titscht (15.). Glück gehabt!

Hoch und weit bringt Sicherheit

Die Schalker „Offensive“ besteht in dieser Phase vornehmlich aus einigen langen Bällen nach vorne, die aber keiner verwerten kann. Der Gästeblock macht gute Miene zum mauen Spiel – FC Schalke, schalala…

In der 21. Minute gibt’s die erste Ecke für Schalke und Gelb für Stoll, der Mohr mit dem Ellenbogen angegangen ist. Nach der nächsten Ecke will Bulut den Ball Richtung Ulmer Tor ballern, trifft aber aus nächster Nähe Strompf im Gesicht, der erst einmal kurzzeitig k. o. geht, dann aber weitermachen kann (24.). Es schließen sich viele Hakeleien im Mittelfeld an, ernsthafte Offensivaktionen fehlen auf beiden Seiten. Der Schalker Anhang unterlegt das bemühte Gekicke musikalisch mit „Auf geht‘s Schalke schieß ein Tor“ und „Gelsenkirchen ist‘ne schöne Stadt“, die Ulmer Fans hauen eine enorme Menge an Stroboskop-Lichtern raus, ohne sich an den eindringlichen Bitten des Stadionsprechers zu stören.

Ein Fernschuss von Maier geht über das Tor (32.), Heekeren pariert gegen Krattenmacher (37.), Murkin blockt gegen Higl (41.) und die Schalker verzweifeln an Halbfeldflanken ins Nirwana. Das „Hier regiert der S 04“ ist eher Hoffnung als Zustandsbeschreibung, es folgt „S 04 nur mit Dir“. Der bereits verwarnte Stoll erwischt Murkin im Gesicht, muss aber trotzdem nicht vorzeitig duschen gehen. Nach zwei Minuten Nachspielzeit erlöst der Halbzeitpfiff den Schalker Anhang.

Hoffnung auf die zweite Halbzeit

Halbzeitprogramm gibt’s nicht, also genug Gelegenheit, die ersten 45 Minuten durchzukauen. Die meistgehörten Sätze sind „sie bemühen sich ja, aber…“, „die rechte Seite ist arg anfällig“ und „Mohrs Flanken machen mich wahnsinnig“, aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.

Beide Teams kommen personell unverändert wieder aus der Kabine, vom Gästeblock lautstark begrüßt mit „Schalke, nur du alleine bist meine Liebe, mein ganzes Le-he-ben“, dann lassen auch die Ultras GE kurz die Stroboskop-Muskeln spielen. Seguin (47.) und Kaminski (50.) sehen früh Gelb, ansonsten sieht die erste Viertelstunde aus wie eine Blaupause des ersten Durchgangs mit einigen ungefährlichen Vorstößen von Ulm.

Der erste Wechsel ist Meier für den dunkelgelbbelasteten Stoll (57.), Heekeren lenkt einen Schlenzer des sehr agilen Krattenmachers über die Latte (59.), kurz darauf sieht die junge Bayern-Leihgabe Geld für ein taktisches Foul an Murkin (65.). Heekeren klärt erneut gegen Chessa (67.), dann bringt Ulm-Coach Wörle mit Telalovic für Higl und Hyryläinen für Brandt zwei frische Kräfte.

Tore bleiben Mangelware

Nach „Geh‘n mit dir auf jede Reise“ und „Wir komm‘n vom Berger Feld“ hat van Wonderen ein Einsehen und schickt Schallenberg und Younes für den überforderten Aydin und Youngster Grüger auf den Rasen (72.). Telalovic strebt nach vorne, köpft aber am Tor vorbei (75.) bzw. findet in Heekeren seinen Meister (78.).

Beide Teams leiden unter Fehlpässen und ungenauen Flanken und scheinen sich mit der Punkteteilung abgefunden zu haben. Der Gästeblock verzichtet dennoch auf einen Supportstopp und stimmt lieber den „Königsblauen S 04“ an, wenigstens etwas, das für Gänsehaut sorgt.

Donkor ersetzt Seguin (83.), leider ist auch seine erste Aktion ein satter Fehlpass. Röser und Keller kommen für Chessa und Krattenmacher – und dann keimt tatsächlich noch einmal kurz Hoffnung bei den Gästefans auf, denn Younes kommt nach Vorarbeit von Donkor an der linken Strafraumkante zum Torschuss, aber Rösch klärt für seinen bereits geschlagenen Keeper, den Nachschuss pariert Thiede (88.). Schade, denn das wäre ein nicht wirklich verdienter, aber immens wichtiger „Lucky Punch“ gewesen.

Ein letztes „Eine Stadt erstrahlt in Blau“, dann verplätschern noch drei Minuten Nachspielzeit und das spielerische Elend hat ein Ende.

Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel

Das Unentschieden hilft beiden Mannschaften kaum weiter, durch den überraschenden Sieg von Preußen Münster über Fortuna Düsseldorf im zweiten Freitagsspiel rutscht Schalke mit jetzt 9 Punkten aus 11 Spielen auf Relegationsrang 16, Ulm ist punktgleich 15.

Der erste Punkt unter van Wonderen reicht den Fans angesichts der spielerischen Armut und erneut deutlich schlechterer Laufleistung als der Gegner jedoch nicht, als die Mannschaft vor die Kurve schleicht, gibt’s außer vereinzelten Pfiffen nur vielsagendes Schweigen, nicht einmal für das sonst selbst nach Niederlagen übliche „Auf geht’s Schalke kämpfen und siegen“ reicht es, eine angesichts der sonst unverbrüchlichen Treue der „Auswärtsfahrermeister“ Besorgnis erregende Entwicklung.

Zum wiederholten Mal zeigen sich van Wonderen und Seguin nach dem Spiel selbstkritisch, dass das „zu wenig“ gewesen sei. „…Beim Spiel gegen Augsburg haben die Spieler gemerkt, dass viel mehr möglich ist, das haben wir heute leider nicht umsetzen können. Wir müssen die Spieler auch mental wieder in eine gute Verfassung bringen, sodass sie mit mehr Selbstvertrauen agieren. Wichtig ist, dass wir uns mehr Chancen herausspielen.“ sagt der Trainer – fraglich ist, ob er und die Mannschaft diese Erkenntnisse endlich umsetzen können. Hinzu kommt die offene Baustelle im Tor, da Heekeren durch die tadellose Leistung die Entscheidung nicht einfacher gemacht hat.