Schalkes starke Leistungen sind mehr als eine Momentaufnahme!
6. Dezember 2019Der FC Schalke 04 steht nach 13 Spieltagen hinter Borussia Mönchengladbach und RB Leipzig auf Platz 3 – ist das ein kurzzeitiger Höhenflug oder spiegelt die Tabelle das wahre Leistungsvermögen der königsblauen Mannschaft wieder? Susanne Hein-Reipen hat dazu eine klare Meinung…
„Die Tabelle lügt nicht“ ist eine der beliebtesten Fußballphrasen überhaupt. Will heißen: Wer oben – oder unten steht – belegt diesen Platz zu Recht, weil Fußball nun einmal ein Ergebnissport ist.
Lügt die Tabelle doch?
Selbst für mathematische Analphabeten ist dabei klar: Die Tabelle ist umso aussagekräftiger, je mehr Spieltage absolviert sind. Am Anfang einer Saison, wenn erst wenige Spiele in die Wertung eingeflossen sind, können ein einzelner Sieg oder eine Niederlage noch vergleichsweise große Sprünge auslösen, auf der Zielgeraden sind die Platzierungen in der Regel deutlich verfestigter.
In diesem Sinne sind 13 von 34 Spieltagen durchaus schon ein nennenswerter Teil der Saison; dennoch bemühen sich die Schalker Verantwortlichen nach Kräften, Bedeutung und Aussagekraft der guten Platzierung herunterzuspielen. Auf der Schalker Homepage und in Interviews wird immer wieder die „Momentaufnahme“ beschworen: Ob Sportvorstand Jochen Schneider, Linksverteidiger Bastian Oczipka oder der immer stärker auftrumpfende Suat Serdar, sie alle werden nicht müde zu betonen, dass Platz 3 zwar ganz nett, aber doch bitte nicht überzubewerten sei. Chefcoach David Wagner, der nach dem überraschend souveränen Sieg in Leipzig allen „Tabletten geben“ wollte, die in Euphorie verfallen, meint, die Tabelle interessiere ihn erst am 34. Spieltag.
Taktisch reif und kämpferisch stark
Bei allem Verständnis dafür, dass allzu große Töne auf Schalke gerne mal spektakulär nach hinten losgehen und zu enttäuschten Erwartungen der Fans und Häme der Konkurrenz führen: Schalke muss sich nicht kleiner machen, als es ist!
Die Mannschaft liefert bislang in nahezu allen Spielen eine gute und disziplinierte taktische Leistung ab, lediglich die zweite Halbzeit in Bielefeld war ein Rückfall in alte „halbe-Kraft-Verwaltungsfußball-Zeiten“. Nach dem Lehrgeld gegen Fortuna Düsseldorf wurde sogar der Ausfall der Stamm-Innenverteidigung Benjamin Stambouli/Salif Sané schnell souverän kompensiert. In Leipzig, Bremen und der zweiten Halbzeit gegen Union Berlin spielte die Mannschaft wie aus einem Guss und blieb bis zum Abpfiff konzentriert und konnte so jeweils wichtige Dreier einfahren. Selbst bei der Niederlage in Hoffenheim war Schalke bis zur 70. Minute die klar spielbestimmende Mannschaft, ebenso im Derby.
Selbstbewusstsein ja, Größenwahn nein
Hinzu kommt, dass die Achse Nübel – Mascarell – Harit auf ihren jeweiligen Positionen zu den notenbesten Kickern der Vorrunde gehört. Lediglich im Sturm fehlt bis jetzt ein konstanter und treffsicherer Leistungsträger, doch Benito Raman kommt zunehmend besser in Fahrt.
Schalke hat erst zwei Niederlagen in der Liga einstecken müssen, zum selben Zeitpunkt standen in der vergangenen Saison schon sieben Spiele ohne Punktgewinn zu Buche. Dafür ging Schalke in den 13 Begegnungen bereits sieben Mal als Sieger vom Platz – noch ein Sieg, und die insgesamt acht Siege der vergangenen Saison sind bereits in der Vorrunde locker erreicht.
Wenn Schalke den derzeitigen Punkteschnitt von fast zwei Zählern pro Spiel durchhält, ist locker ein Platz im internationalen Geschäft drin. In die Richtung „klar wollen wir oben bleiben!“ äußerten sich in der jüngeren Vergangenheit auch Weston McKennie, Benito Raman und Ozan Kabak. Die Mannschaft hat das Recht dazu, selbstbewusst zu sein, solange sie nicht abhebt. Wenn man auf Platz 3 (und damit zur großen Freude der Fans momentan VOR den Bayern und Lüdenscheid-Nord) steht, ist Understatement à la „bloß nicht von Europa reden“ fehl am Platze.
Es macht wieder Spaß, Schalke zuzuschauen!
Natürlich werden noch Rückschläge kommen und es wäre grundfalsch, unrealistische Forderungen zu stellen. David Wagners Marschroute „hart arbeiten und sich auf das nächste Spiel konzentrieren“ funktioniert hervorragend – und sie hat jenseits aller Tabellen-Spielereien bereits ein weitaus wichtigeres Ziel erreicht: Es macht wieder Spaß, sich Schalke-Spiele anzuschauen! Die Entwicklung der Mannschaft und junger Schlüsselspieler wie Amine Harit, Ozan Kabak und Omar Mascarell ist bereits jetzt ein Gewinn, selbst wenn Schalke die erfreulichen Platzierungen in der Schlusstabelle nicht halten kann.
Der Kommentar von S. Hein-Reipen hat, wie man so schön sagt, den Nagel auf den Kopf getroffen. Er entspricht genau meinen Empfindungen und Gefühlen für, wenn man so will, unseren neuen S04.
Jo, dass uns ein wenig das mia San mia fehlt, ist schon seit Assauer’s Zeiten bekannt! Bevor der Größenwahn ausbricht und wir wieder auf die Nase fallen, hatte er dieses chronische understatement schon in seiner ersten Amtszeit eingeführt, damals mit wenig Erfolg! Egal, Fakt ist das wir mit dem kleinen Brötchen backen relativ gut in den letzten 20 Jahren gefahren sind. Wie intern gesprochen wird, wissen wir nicht. Ich vermute mal da werden realistische Ziele deutlich angesprochen. Naja, wir haben im Moment eine Phase in der vieles richtig gemacht wird und das wird auch umgesetzt! In der Winterpause nochmal die richtigen Stellschrauben drehen und wir könnten uns nach 34. Spieltagen durchaus auf einem der ersten sechs Tabellenplätze befinden…