Schalkes Konzernbilanz 2024 – alle Zahlen auf einen Blick!
31. Oktober 2024Wie so Vieles auf Schalke, folgt auch die Vorstellung der Konzernbilanzen schon seit Jahren traditionellen Ritualen: Der Verein gibt die Zahlen bekannt, lobt sich für tolle Wirtschaftsführung – und die Presse schreibt was von „Schuldenclub“ und „dramatischen Zahlen“.
Viele Artikel sind jedoch weniger durch wirtschaftliches Verständnis geschweige denn Fachkenntnisse im Bilanzwesen als durch möglichst reißerische Schlagzeilen geprägt. Wenn dann, wie aktuell auf Schalke noch eine Umstellung des Wirtschaftsjahres ansteht, werden bisweilen nicht nur Äpfel und Birnen, sondern Weintrauben mit Riesenkürbissen verglichen. Juristin Susanne Hein-Reipen bringt Licht ins Dunkel…
Umstellung des Wirtschaftsjahres erschwert Vergleiche
Auf der letzten Mitgliederversammlung wurde auf Antrag des Vorstands mit großer Mehrheit beschlossen, statt wie bisher nach dem Kalenderjahr saisonweise zu bilanzieren, weil dies den wirtschaftlichen Erfolg einer Saison besser abbildet und Schalke sich so besser mit anderen Clubs vergleichen kann. Diese Entscheidung führt dazu, dass die Mitgliederversammlung statt wie bisher im Mai/Juni nunmehr im Oktober/November stattfindet (auch hierzu gibt es skurrile Verschwörungstheorien, dass „die Vereinsführung“ ja nur die armen Mitglieder um ihre Teilhabe betrügen wolle – Fakt ist aber, dass dieser Passus abgestimmt und in die Satzung aufgenommen wurde, weil sich nun einmal schlecht im Juni über eine Bilanz abstimmen lässt, die erst im Oktober erstellt wird) und es einmalig ein Rumpfwirtschaftsjahr vom 1.1.2024 bis zum 30.6.2024 gibt, damit künftig immer entsprechend der Saison vom 1.7. bis zum 30.6. des Folgejahres abgerechnet werden kann.
Leider ist auch Schalke der Versuchung erlegen, das Rumpfwirtschaftsjahr dem vorangegangenen kompletten Wirtschaftsjahr gegenüberzustellen und so trotz „Warnhinweis“ die Verwirrung perfekt zu machen. Zur besseren Bewertung der Zahlen daher folgende Übersicht
Hinsichtlich der zeitraumabhängigen Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn und Personalaufwand kann man das Rumpfwirtschaftsjahr 2024 nur mit den früheren „Halbjahresberichten“, hier rosa hinterlegt, vergleichen. Bei den langfristigen Entwicklungen der Verbindlichkeiten und des Eigenkapitals spielt der Betrachtungszeitpunkt hingegen nur eine untergeordnete Rolle.
Ordentliche Werte bei schwierigen Rahmenbedingungen
Wenn man diese Überlegungen und die jeweilige Ligazugehörigkeit berücksichtigt, muss man Christina Rühl-Hamers zum wiederholten Mal äußerst seriöse Arbeit bei schwierigen Rahmenbedingen attestieren: Die Verbindlichkeiten und die Personalkosten wurden weiter gesenkt, was Schalke für künftige Jahre finanziell mehr Luft verschafft. Der Umsatz lag trotz erheblich niedrigerer Fernsehgelder (allein der Posten „mediale Verwertungsrechte“ sank um mehr als die Hälfte auf 11,4 Mio. Euro) nur 7,4 Millionen niedriger als im ersten Halbjahr 2023, wo Schalke bekanntlich noch in der ersten Bundesliga spielte; er war über 18 Mio. Euro höher als im ersten Halbjahr 2022, an dessen Ende der umjubelte Wiederaufstieg stand.
Einen wahren Boom erlebte das Catering, das im ersten Halbjahr 2024 schon fast so viel einbrachte wie im gesamten Jahr 2023. Ob dies nun an den angehobenen Preisen, durstigen Swifties und EM-Fans oder verzweifelten Versuchen, sich die königsblauen Spiele schön zu trinken, liegt: Der Bilanz tut es gut.
Christina Rühl-Hamers ist zuversichtlich, dass das kleine Minus durch das zweite Halbjahr ausgeglichen wird, so dass am Ende ein Gewinn und dementsprechend die nach der DFL-Lizensierungsverordnung erforderliche 5%-Reduzierung des negativen Eigenkapitals steht. Da die Transfers von Assan Ouédraogo zu RB Leipzig und Keke Topp zu Werder Bremen erst nach dem Saisonende buchhalterisch wirksam werden und unter anderem fünf restlos ausverkaufte Rammsteinkonzerte und die CL-Spiele von Shaktar Donezk weitere Einnahmen in die Kasse spülen, sollte ein Punktabzug in der Tat vom Tisch sein.
Einordnung und Prognose
Schalke hat seit dem ersten Abstieg 2021 enorme Anstrengungen machen müssen, um die aufgeblähten Personal- und sonstigen Kosten einzudämmen. Dass „nebenbei“ noch die von der vorherigen Vereinsführung aufgehäuften Verbindlichkeiten von 237,6 Mio. Euro auf 162,8 Mio. Euro, mithin also um fast 75 Mio. Euro (!) gesenkt werden konnten, verdient Applaus.
Der eiserne Sparkurs, der dies ermöglicht hat, wird gerne als „Totsparen“ kritisiert. Dazu ist klipp und klar zu sagen: Ohne den Sparkurs hätten wir keine Lizenz mehr. Sparen ist vielleicht nicht sexy, aber leider lebensnotwendig. Selbst die verminderten Verbindlichkeiten kosten noch knapp 16 Mio. Euro Tilgung und Zinsen im Jahr, dieses Geld steht nicht mehr für sportliche Investitionen zur Verfügung. Zur Verdeutlichung: Das ist mehr Geld, als so mancher Zweitligakonkurrent insgesamt in seine Mannschaft steckt – und dennoch liegt Schalke hinsichtlich des Etats für die Profis im oberen Dittel der zweiten Bundesliga.
Nochmal zum Mitschreiben: Die momentan besch…eidene sportliche Situation liegt nicht an fehlendem Geld, sondern daran, dass die vorhandene Summe im letzten Jahr nicht gut genutzt wurde, um einen konkurrenz- oder gar aufstiegsfähigen Kader zusammenzustellen. Die für die seinerzeitige Kaderplanung Verantwortlichen Peter Knäbel, André Hechelmann und Thomas Reis stehen denn auch alle nicht mehr in Schalker Diensten – wie die Transfers von Ben Manga zu beurteilen sind, wird man am Ende der Saison beurteilen können.
Was bringt die Genossenschaft?
Klar ist: Der Spagat zwischen notwendigem Sparen und sportlichen Investitionen wird nicht einfacher, wenn Schalke lange in der zweiten Liga bleibt. Und 2026 und 2027 stehen zwei dicke Anleihen zur Rückzahlung an.
Schalke plant daher die Gründung einer Fördergenossenschaft, um parallel zu den Bemühungen um sportlichen Erfolg und Wiederaufstieg zu versuchen, Gelder einzunehmen. Diese Genossenschaft soll Schalke Anteile an der FC Schalke 04-Stadion Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG (nicht an der Arena selber, wie teilweise fälschlich kolportiert wird) abkaufen. Dadurch, dass die Genossenschaft vermutlich „nur“ Kommanditistin der Arenabeteiligungsgesellschaft wird, bliebe Schalke alleine zur Geschäftsführung befugt.
Wie viel Geld das einbringt, ist extrem schwierig zu prophezeien und wird maßgeblich von der Ausgestaltung der Satzung der Genossenschaft abhängen. Eine Nachschusspflicht hat Matthias Tillmann richtigerweise bereits ausgeschlossen, aber interessant sind natürlich auch Fragen zum Preis eines Anteils, zu Mindesthaltefristen und Rückgabemöglichkeiten/-verpflichtungen. Vertrauensbildend dürfte auch sein, wenn der Verein sich verpflichten würde, die von der Genossenschaft erhaltenen Gelder vorrangig zur Schuldentilgung einzusetzen.
Das Königsziel muss jedoch der Aufstieg in die erste Liga bleiben: „Der wichtigste sowohl Chancen- als auch Risikofaktor für den FC Schalke 04 ist das sportliche Abschneiden der Lizenzmannschaft.“ heißt es im Geschäftsbericht, und dem ist nichts hinzuzufügen!