Schalkes Halbjahresbilanz 2024/2025 – wie oft sind Punktlandungen möglich…?

Schalkes Halbjahresbilanz 2024/2025 – wie oft sind Punktlandungen möglich…?

23. März 2025 0 Von Susanne Hein-Reipen

Halbjährlich grüßt das Murmeltier: Schalke stellt die Bilanzzahlen vor und lobt sich kräftig für erreichte Ziele und gute Wirtschaftsführung – und die Medien titeln „dramatische Zahlen“, „letzte Chance“ und „Schuldenclub“. Juristin Susanne Hein-Reipen erläutert die finanzielle Lage zwischen Punktlandung und Punktabzug, Taylor und Transfers…

Das Tückische an der Eigenkapitalauflage

Die nüchternen Zahlen sind im Konzernzwischenbericht 2024/2025 nachzulesen: Umsatz 95 Mio. Euro, Gewinn 6,3 Mio. Euro, negatives Eigenkapital von 103,9 auf 98 Mio. Euro gesunken. Dank der letzten beiden Parameter hat Schalke zum 31.12.2024 die Eigenkapitalauflage der DFL erfüllt. Diese besagt, dass negatives Eigenkapital jeweils zum 31.12. eines Jahres um mindestens fünf Prozent verringert werden muss.

Zweck der für alle Clubs mit negativem Eigenkapital geltenden Auflage ist, dass sie zu ihrem „Glück“ – einer vernünftigen Wirtschaftsführung ohne waghalsige Transfers – gezwungen werden sollen. Ein Geschäftsgebaren wie beispielsweise in Spanien, wo der mit 1,35 Milliarden (!) verschuldete FC Barcelona fröhlich weiter Transfers tätigt, ist nicht erwünscht. DFL und DFB möchten so das Risiko von Insolvenzen senken – ein durchaus verständliches Ziel, wenn man das Chaos betrachtet, das Insolvenzen von Vereinen schon in den unteren Ligen nach sich ziehen.

Dennoch: Eine solche Auflage engt den wirtschaftlichen Handlungsspielraum des Vereins stark ein, vor allem, wenn noch weitere Zwänge dazu kommen. Im Falle des S 04 bestehen diese Zwänge in der Tilgung (12,8 Mio. Euro im letzten Halbjahr) und der Verzinsung (3,7 Mio. Euro) der bestehenden Verbindlichkeiten. Insgesamt sind mit der Eigenkapitalauflage und der ordnungsgemäßen Bedienung der Verbindlichkeiten bereits gut 21 Mio. Euro gebunden, ohne dass auch nur ein einziger Euro in den Kader investiert werden kann! Das ist mehr Geld, als so mancher Zweitligakonkurrent insgesamt in seine Mannschaft steckt.

Veranstaltungen und Catering haben uns den Hals gerettet

Die wichtigsten Erlössteigerungen kamen aus den Bereichen Veranstaltungen (von 13,9 auf 21,3 Mio. Euro gestiegen) und Catering (von 6,4 auf 12,1 Mio. Euro gestiegen). Dazu konnten mit den Verkäufen von Assan Ouédraogo, Keke Topp und Marius Müller rund 15,2 Mio. Euro eingenommen werden – um es mit Finanzvorständin Christina Rühl-Hamers zu sagen: „Wir haben es (die Vermeidung des Punktabzugs) aber geschafft – unter anderem durch ein außergewöhnliches Konzertjahr in der VELTINS-Arena sowie für die 2. Bundesliga beachtliche Transfereinnahmen.“

Man muss daher leider feststellen, dass die platten Schlagzeilen wie „kein Punktabzug dank Taylor Swift“ einen wahren Kern enthalten, denn ohne die 14 (!) Großveranstaltungen inklusive Cateringumsatz neben den Heimspielen – außer Taylor Swift waren u. a. Rammstein und Schachtar Donezk mehrfach am Start – wäre die Eigenkapitalauflage verfehlt worden bzw. es hätte noch sehr viel deutlichere Einsparungen am Kader geben müssen, so dass z. B. Moussa Sylla vermutlich nicht auf Schalke kicken würde.

Leidet die sportliche Wettbewerbsfähigkeit?

Das Dilemma, zwischen finanziellen Zwängen und sportlicher Konkurrenzfähigkeit zu balancieren, bleibt. Immerhin:  Der Gesamtpersonalaufwand ist um weitere 6 Mio. Euro auf 30,9 Mio. Euro gesunken und damit auf dem niedrigsten Stand seit über 20 Jahren. Und die sicheren Abgänge der Großverdiener Ralf Fährmann und Dominick Drexler im Juni machen weiteres Budget frei, dazu kommen Spieler wie Kaminski oder Aydin, die vermutlich Gehaltsabstriche machen müssen, falls sie bleiben wollen.

An dieser Stelle ist noch einmal zu betonen, dass der gerne gegen Christina Rühl-Hamers geäußerte Vorwurf des „Totsparens“ blanker Unsinn ist. Gut 20 Mio. Euro für Kader und Funktionsteam sind TOP 5 der zweiten Bundesliga – und ohne den Sparkurs hätten wir keine Lizenz mehr. Dringend liefern muss der Sport als Kerngeschäft, da an der Platzierung nicht nur der erhoffte Aufstieg, sondern auch Erlöse wie TV-Gelder, Merchandising und Sponsoring hängen, die aktuell leicht rückläufig sind.  

Zu überdenken ist in diesem Zusammenhang die strikte Ablehnung von Leihen – so ätzend es ist, gute Leihspieler wieder ziehen zu lassen (Ko Itakura und Moritz Jenz lassen grüßen), so wichtig sind sie für einen aufstiegsfähigen Kader.

Wie oft gelingt eine Punktlandung?

Die bange Frage, die man sich nun stellen kann: Wenn trotz aller Sparbemühungen, guter Transfers und äußerst lukrativen Veranstaltungen gerade einmal eine „Punktlandung“ gelungen ist – kann das überhaupt in den nächsten Jahren gutgehen? Schließlich kann man sowohl das sportliche Abschneiden als auch die Transfererlöse und insbesondere die Lust musikalischer Acts auf die Veltins-Arena nur bedingt steuern. Droht ein Teufelskreis, jedes Jahr wegen finanzieller Zwänge die besten Spieler verkaufen zu müssen und sportlich nicht entscheidend voranzukommen?

Es wird auf Jahre hinaus sehr eng bleiben, wenn nicht sportlich deutlich besser geliefert wird und Schalke wieder an die deutlich üppigeren Fleischtöpfe der ersten Bundesliga kommt, zumal in den nächsten drei Jahren nicht nur das immer noch mit gut 20 Mio. Euro valutierende Coronadarlehen, sondern auch die Fan- und Geschäftsanleihe (zusammen rund 50 Mio. Euro – alles andere als eine mindestens teilweise Neuauflage wäre ein Wunder) zurückzuführen sind.

Hoffnung macht, dass in 2026 die Abschreibungen für die Veltins-Arena enden und so der bilanzielle Gewinn um rund 7,5 Mio. Euro pro Jahr steigt. Dazu sinkt der zu erwirtschaftende Eigenkapitalanteil (es sei denn, Schalke steigt auf – in der ersten Bundesliga müssen jährlich 10 Prozent abgebaut werden). Und für das laufende Jahr schauen mit Robbie Williams, Bruce Springsteen, Iron Maiden und Pur erneut einige Hochkaräter in Gelsenkirchen vorbei, für 2026 hat sich bereits Helene Fischer angekündigt. Zudem sollten alle Schalker Schachtar Donezk kräftig die Daumen für eine erneute CL-Qualifikation drücken.

Fördergenossenschaft kein Allheilmittel

Jedem muss klar sein: Der Spagat zwischen notwendigem Sparen und sportlichen Investitionen wird nicht einfacher, je länger Schalke in der zweiten Liga bleibt. Abhilfe können neben sportlichem Erfolg nur zusätzliche Einnahmen bringen – eine potentielle Quelle ist hier die im Januar gestartete Fördergenossenschaft, deren bisherige Einnahmen jedoch niedriger sind als erhofft.

Das Königsziel muss deshalb der Aufstieg in die erste Liga bleiben. „Der wichtigste sowohl Chancen- als auch Risikofaktor für den FC Schalke 04 ist das sportliche Abschneiden der Lizenzmannschaft.“ heißt es im Geschäftsbericht und dem ist nichts hinzuzufügen. Christina Rühl-Hamers spricht von „Wir streben die dauerhafte Rückkehr in die Bundesliga an, das ist und bleibt das Ziel aller. Ich bin fest überzeugt, dass uns der nachhaltige Aufstieg mittelfristig gelingen wird.“ Dazu müssen aber ihr Vorstandskollege Matthias Tillmann sowie Kaderplaner Ben Manga ebenso seröse Arbeit abliefern wie sie…