
Schalke – Hannover 1:2: Schalke wirft den Heimsieg weg
15. März 2025Der FC Schalke 04 ermöglicht Hannover 96 durch eigene Dummheit einen späten Doppelschlag und verspielt so einen bereits sicher geglaubten Heimsieg und den Anschluss ans Mittelfeld. Susanne Hein-Reipen ärgert sich…
Freitagabend, Stauparade im Ruhrgebiet, aber 62.077 Zuschauer schlagen sich trotzdem zur ausverkauften Veltins-Arena durch. Die meisten hoffen, dass Schalke den dritten Sieg in Folge einfahren und eine ruhige Länderspielpause verleben kann.
Exzellente Heimbilanz
Die königsblaue Heimbilanz, die die beiden Quatscher Dirk Oberschulte-Beckmann und Jörg Seveneick während des Warmmachens verkünden, nährt diese Hoffnung weiter: Ligaübergreifend stehen 29 Siegen und 9 Remis nur 4 Niederlagen gegenüber. Und: In 85 Pflichtspielen zwischen beiden Mannschaften fiel immer mindestens ein Tor, es gab kein einziges 0:0.
Die Aufstellung der von Ex-Schalke-Coach Breitenreiter betreuten Gäste gerät akustisch etwas ins Hintertreffen, weil die Nordkurve ein erstes lautstarkes „Auf geht’s Schalke kämpfen und siegen!“ losschickt. Anschließend gibt es traditionell das Steiger- und Vereinslied „Blau und Weiß wie lieb ich Dich“; heute gefolgt von einigen Grüßen an die Freunde von Twente Enschede. Das „Olé 96“ aus dem gutgefüllten Gästeblock wird „charmant“ mit „Ihr seid nur ein H*rensohnverein“ quittiert.
Zu den Klängen von „Whatever you want“ kommen die Mannschaften auf den Rasen und es gibt die Schalker Aufstellung: Chefcoach Kees van Wonderen beginnt mit Karius, Murkin, Kaminski, Schallenberg, Gantenbein, Seguin, Bachmann, Antwi-Adjej, Karaman, Aydin und Ba. In der Nordkurve wird ein Banner mit der Aufschrift „Ruhe in Frieden Paul“ gezeigt.






Gegen alle Stadionverbote
Schalke hat Anstoß und mit einem Linksschuss von Murkin neben das Tor (3.) auch den ersten Abschluss. Die Nordkurve startet mit „Geh‘n mit Dir auf jede Reise“ und „Schalke, ich bin für Dich geboren“ ins Spiel. In der 8. Spielminute gibt’s pünktlich zum Sonnenuntergang eine kurze „Ramadanpause“ um den fastenden Muslimen Aydin und Ba Getränke und einen Snack zu ermöglichen.
Eine erste Ecke für Schalke landet genau in den Armen von Zieler im Tor der Gäste (11.), danach plätschert das Spiel so vor sich hin. Block I positioniert sich mit Bannern „SEK SV/Gegen alle Stadionverbote“ deutlich, kurz darauf folgt der Gästeblock ebenfalls mit „Gegen alle Stadionverbote/Nicht aufgeben, Jungs“.






Wie kommt das Zeug ins Stadion?
Die Nordkurve versucht, mit „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid“ und der Attacke einen kleinen Weckruf zu starten, aber viel mehr als ein Vorstoß von Ba (22.) springt nicht dabei heraus. Zwei Ecken für die Gäste bringen nichts ein, die erste echte Torchance für 96 in Gestalt eines Kopfballs von Ngankam wird sichere Beute von Karius (26.), was die mitgereisten Fans nicht daran hindert, lautstark „Hannover! Hannover! Hannover!“ zu skandieren.
In den Blöcken mit Sicht auf den Gästeblock wird es derweil ein wenig unruhig, denn es ist zu erkennen, dass einige stilecht mit weißen Einmal-Maleroveralls gewandete Gestalten mit Spraydosen die Rückwand des Gästeblocks „umgestalten“. Das Ganze entpuppt sich am Ende als riesiges „AA UH“- Graffiti – und lässt nicht nur bei Zuschauern, denen bei den Einlasskontrollen schon Mini-Deo-Sprühfläschchen weggenommen wurden, einmal mehr die Frage aufkommen: Wie bekommt man eine Malerausrüstung in die Arena…?






Antwi-Adjej bringt Schalke in Führung
Dann rückt glücklicherweise wieder das sportliche Geschehen in den Mittelpunkt und Schalke darf jubeln: Karaman marschiert und hat das Auge für Aydin an der rechten Strafraumkante, dessen Schuss von Ezeh abgefälscht genau vor den Füßen von Antwi-Adjei landet, der blitzschnell aus knapp acht Metern Torentfernung mit dem Knie zum 1:0 vollendet (27.). Blau und Weiß ein Leben laaaaang…!
Die Führung verleiht dem Support weiteren Auftrieb, „Stadion geh’n, im Pappbecher Bier“, „Hier regiert der S 04“ und „Uns‘re Fahnen weh‘n im Wind“ werden mit vollem Stimmeinsatz rausgebrüllt. Auf dem Spielfeld verwaltet Schalke die Führung und lässt sich dabei auch nicht von kleineren Hannoveraner Vorstößen durch Leopold (32., 35.) und Momuluh (35.) stören.
Gantenbein kassiert für ein Foul an Neumann die erste gelbe Karte des Spiels (40.), kurz darauf schließt sich Kunze (42.) an, weil er sich etwas zu innig an Antwi-Adjej festklammert. Es gibt eine Minute Nachspielzeit obendrauf, in der sich Schallenberg artistisch an einem Seitfallzieher versucht, aber Zieler boxt den Ball aus dem Toreck. Dann geht es mit dem Auftrag „Auf geht’s Schalke kämpfen und siegen!“ zum Pausentee.

Hoffnung auf die zweite Halbzeit
In der Pause herrscht weitgehend Einigkeit, dass die Führung sehr gerne genommen wird, das Spiel aber noch seeehr viel Luft nach oben hat. Bei „Fanbelange aktuell“ geht es unter anderem um die neue Trainingslager-Partnerregion im Stubaital, die sich zum Sommertrainingslager auf viele mitreisende Fans freut.
Zum Wiederanpfiff ersetzt Grüger den am Nacken lädierten Bachmann. Schalke bemüht sich, das Heft des Handelns wieder in die Hand zu nehmen und marschiert angeführt von Karaman (47., 50., 55.) nach vorne. Schallenberg und Lee tun sich gegenseitig weh, können aber weiterspielen. Momuluh bekommt für ein Foul an Gantenbein Gelb (54.).
Breitenreiter schickt nun Rochelt und den Ex-Schalker Matondo für Lee und Momuluh ins Rennen (57.) und tatsächlich gelingen den Gästen erste Vorstöße, aber Karius (59.) kann klären, ein weiterer Kopfball von Leopold verfehlt das Tor (61.). Die Nordkurve versucht, die Mannschaft mit „FC Schalke schalalala“ und „Für Deine Farben leben und sterben wir“ wieder nach vorne zu treiben.
Mohr ersetzt Aydin (61.), Karius boxt einen Distanzschuss von Ngankam über die Latte (67.). Ein Schuss von Mohr geht über den Kasten, dann ersetzt Breitenreiter mit einem weiteren Doppelwechsel Ngankam und Voglsammer durch Tresoldi und Nielsen (72.). Verärgerung löst eine völlig unnötige gelbe Karte für Kaminski aus (76.), der damit in Fürth zuschauen muss.






Heimsieg zerplatzt in zwei Minuten
Die Nordkurve startet einen schwungvollen Schalke! – Nullvier! – Wechselgesang mit der Südkurve und beschwört die in Blau erstrahlende Stadt; Younes kommt für Antwi-Adjej, der sich als Torschütze der bis dato goldenen Tores über viel Applaus freuen darf. Kalas ersetzt Kaminski (77.). Karaman stürzt im Strafraum und verzieht deutlich über das Tor (79.) und Tresoldi tritt ein ordentliches Luftloch (81.).
Zu den Klängen von „Immer wieder S 04“ darf Gindorf für Ezeh ran (82.) – doch statt den Heimsieg nach Hause zu schaukeln, lässt die Schalker Hintermannschaft den Hannoveranern jetzt zu viel Platz. Beim ersten Schuss wird Tresoldi noch rechtzeitig gestört (84.), aber kurz darauf fälscht Kalas einen Schuss von Gindorf an die Latte ab und Rochelt schaltet am schnellsten und staubt zum 1:1 ab (87.).
Der ebenso späte wie unnötige Ausgleich wäre ja bereits beschissen genug, aber es kommt noch schlimmer: Nur eine Minute später segelt Karius, sicherer Rückhalt der letzten beiden Spiele, nach einer Ecke von Leopold am Ball vorbei und Nielsen bedankt sich aus kürzester Distanz mit dem 1:2 (88.). Sch…ade. Der extrem provokante Jubel der Hannoveraner Spielertraube unmittelbar vor Block M kommt gar nicht gut an.
Der Schalker Keeper bleibt nach dem Treffer kurz im Strafraum liegen, wobei nicht ganz klar wird, ob er im Getümmel etwas abbekommen hat oder „nur“ schwer frustriert ist. Auch seinen Mannschaftskameraden ist der Schock über den Spielverlauf deutlich anzusehen und so passiert in der restlichen Spielzeit einschließlich der 04minütigen Nachspielzeit außer einer gelben Karte für Matondo und einem halbherzigen Kopfball von Karaman nichts mehr. Beim Abpfiff sinken mehrere Schalker Spieler enttäuscht zu Boden.






Eine absolut unnötige Niederlage!
Schalke bleibt durch die wohl unnötigste Niederlage der Saison mit 33 Punkten zunächst auf Rang 13, kann aber je nach Ausgang der restlichen Spiele von Fürth und Darmstadt überholt werden, statt den Anschluss an den KSC und das Mittelfeld zu finden. Hannover bleibt 2025 ungeschlagen und darf sich zumindest vorübergehend über den Sprung auf Platz 6 freuen.
Als die Mannschaft mit hängenden Köpfen vor die Kurve schleicht, geht diese hinter dem „Wir werden siegen, weil wir die Guten sind“-Banner trotz des reichlich vorhandenen eigenen Frusts sehr glimpflich mit ihr um und verzichtet auf Pfiffe und Beschimpfungen. Zu spärlichem Applaus heißt es nur „Auf geht’s Schalke kämpfen und siegen!“
Loris Karius zeigt sich nach dem Spiel selbstkritisch und bringt es auf den Punkt: „Es waren gebrauchte letzte fünf Minuten. Die Niederlage war absolut unnötig. Dabei nehme ich mich selbst nicht raus. Das zweite Gegentor nehme ich auf meine Kappe. Nach der Ecke habe ich am Ball vorbei gefaustet, das darf mir nicht passieren. Wir alle zusammen hätten es konzentrierter zu Ende spielen müssen.“ Dem ist nichts mehr hinzuzufügen…






