Schalke – Freiburg 2:2: Gänsehaut und ganz große Emotionen auf Schalke
22. Dezember 2019Elfmeter-Verdruss in der zweiten Halbzeit
In der Fanbox kräht ein Knirps, wichtig sei „dass Schalke gewinnt und wir vor den Zecken stehen“, das ist durchaus mehrheitsfähig.
Beim Halbzeittalk mit der Abteilung Fanbelange steht ebenfalls Drüse im Mittelpunkt. Thomas Kirschner spricht vielen Fans aus tiefstem Herzen, als er sagt „es tut weh, wir werden ihn vermissen“. Auch ein Dank an die Wolfsburger Fans und Offiziellen für den sehr respektvollen Umgang am Mittwoch darf nicht fehlen. Die Drüse-Fahne wird auch während der Pause ohne Unterlass geschwenkt; über dem ansonsten „unantastbaren“ Banner der Nordkurve Gelsenkirchen hängt eine kleine blaue Gevelsberg-Fahne, dort wird Drüse am 3. Januar beigesetzt.
Beide Mannschaften kommen unverändert aus der Kabine, die Nordkurve startet traditionell mit akustischen Grüßen an die Fanfreunde in Enschede und „Schalke und der FCN“, bevor es mit „Um die halbe Welt sind wir gefahr’n“ und „Kohle unter unser‘n Füßen“ weitergeht. In der 50. Minute haben die ersten Schalker schon den erneuten Torjubel auf den Lippen, aber Mirandas Schuss aus sehr spitzem Winkel geht einige Zentimeter am langen Pfosten vorbei. Schade!
Zwei Minuten später dann der erste Aufreger: Höler kommt im Laufduell mit Kabak im Strafraum zu Fall, Brych lässt weiterlaufen, hat aber die Rechnung ohne den VAR gemacht. Dieser meldet sich zu Wort; Brych starrt minutenlang mit einem Gesichtsausdruck als sehe er einen sehr langweiligen Porno auf den Bildschirm und – entscheidet auf Foulelfmeter. Der Kurve gefällt das naturgemäß nicht, „SCHEISS DFB“ und „Ihr macht uns‘ren Sport kaputt“ dröhnen durch die Arena, Feuerzeuge fliegen, aber Petersen bleibt cool und verwandelt sicher zum 1:1 (54.).
Joker Kutucu rettet den Punkt
Schalke schüttelt sich einmal kurz und schaltet sofort mit Kenny, Caligiuri und Harit wieder in den Vorwärtsgang, unterstützt von „Auf geht‘s Schalke schieß‘ ein Tor“. Kenny sieht gelb, kurz darauf erleichtertes Aufstöhnen, als ein Knaller von Kwon „nur“ gegen den linken Pfosten prallt. Doch die Erleichterung hält nur Sekunden, denn Kwon gibt den Ball noch nicht verloren, bis ihn Miranda ziemlich unsanft vom Leder trennt. Diesmal gibt es weniger Diskussionen, das sah selbst mit königsblauer Brille verdächtig nach Foulelfmeter aus. Diesen verwandelt Grifo zur 2:1-Führung für die Gäste (67.), einige Schalker Spieler haben trotzdem noch Redebedarf mit Brych.
Wagner schickt derweil Ahmed Kutucu für Matondo aufs Feld und der junge Gelsenkirchener bedankt sich mit frischem Angriffsschwung – und dem 2:2 (80.). Vorangegangen war eine Flanke von Amine Harit, die Borrello nicht unter Kontrolle bekam. Die Stimmung in der Arena ist nach dieser Energieleistung spitze, „Immer wieder S04“ und der Schalalaaaa-Schalke-Wechselgesang werden förmlich rausgebrüllt.
In der 87. Minute hat erneut Kutucu nach Vorarbeit von Mascarell eine Großchance zum 3:2, aber der Ball geht hauchdünn am Pfosten vorbei. Im Gegenzug lässt sich Kwon gegen Mascarell wieder einmal fallen, aber bevor die Kurve den Elfer-Kollaps bekommt, hat Brych bereits abgewunken. „Datt hätte mir jetzt gerade noch gefehlt“ ächzt eine betagte Schalkerin.
Das Spiel geht hin und her, beide Mannschaften wollen noch den Sieg. Längst sitzt keiner mehr, aber es bleibt trotz drei Minuten Nachspielzeit und weiterer Wechsel – Guido Burgstaller darf noch einige Sekunden für Raman mittun – beim letztlich leistungsgerechten 2:2.
Starke Gesten, große Gefühle und viele zufriedene Gesichter
Die Schalker Spieler reden nach dem Abpfiff noch sichtlich aufgebracht auf das Schiedsrichterteam ein, das mit einem lauten Pfeifkonzert verabschiedet wird.
Als die Mannschaft zur Kurve kommt, bekommt sie von den Vorsängern Kanne und Dennis die Fahne mit Drüses Portrait ausgehändigt und wird minutenlang mit „Ein Leben lang, blau und weiß ein Leben lang“ abgefeiert. Gemeinsam durch dick und dünn, in guten und in schlechten Zeiten, da hat manch einer plötzlich etwas im Auge. Schalke, das ist nicht nur Fußball, sondern immer auch die komplette Emotionspalette.
Auch David Wagner zollt den Fans Beifall. Hinter dem „Wir werden siegen, weil wir die Guten sind“-Banner feiern Fans und Spieler eine Hinrunde, die trotz einiger ärgerlicher Punktverluste und enormem Verletzungspech in der Abwehr alle Erwartungen übertroffen hat. Mit 30 Punkten liegt Schalke nicht nur prima auf Kurs „internationales Geschäft“, sondern hat bereits fast so viele Punkte gesammelt wie in der vergangenen Saison insgesamt (33).
Und, noch wichtiger: Die Mannschaft hat das in der Vorsaison verspielte Vertrauen, das in dem Entzug der Nordkurvenbinde gipfelte, durch beherzte Auftritte und Schulterschlüsse mit der Fanszene wieder zurückgewonnen. Spieler und Anhänger kämpfen wieder Seite an Seite, Weihnachten und die Rückrunde können kommen!
Ein ganz großes Kompliment für deine Spielberichte. Da ich leider aus verschiedenen Gründen nicht so oft live dabei sein kann, warte ich schon immer ungeduldig auf deinen Bericht. Wenn ich den gelesen habe,war ich dabei!!!!! Vielen Dank dafür!!!!
So ein Theater für einen Fan ist für mich peinlich und übertrieben.auch mir tut es leid, wenn jemand stirbt, allerdings Sterben auch in Deutschland und erst recht in der Welt jeden Tag Menschen wegen Hunger oder krieg. Zu letzterem salutiert sogar einervunserer Spieler. Wo ist da die Aktion der Ultras ?
Selektive Wahrnehmung. Wäre der Fan ein nichtmitglieg gewesen, hätte es keine Aktion gegeben.