Schalke – Fortuna 1:1: Punktgewinn, aber heiße Diskussionen über Banner und Schiedsrichterleistung
28. April 2024 Aus Von Susanne Hein-ReipenDer FC Schalke 04 trennt sich im Heimspiel mit 1:1 (0:0) von Aufstiegsaspirant Fortuna Düsseldorf und sammelt einen weiteren wichtigen Punkt für den Klassenerhalt. Die Wut der Fans, die sich zunächst gegen die unverhältnismäßige Öffentlichkeitsfahndung der Polizei richtete, zieht sich dabei Schiedsrichter Harm Osmers zu, der mit einem gellenden Pfeifkonzert und „Schieber, Schieber!“-Rufen verabschiedet wird. Susanne Hein-Reipen berichtet…
Wieder Topspiel, wieder der späte Samstagabendtermin, das bedeutet viel Zeit für eine Kaltschale und ein Fachgespräch unter Schalkern vorab. Das Meinungs- und Optimismusspektrum ist dabei breit gefächert, von „Zuhause hauen wir die wech“ bis „Fortuna hat’nen Lauf, die machen uns platt“ ist alles dabei. Mit 61.854 Zuschauern, darunter 5.400 Düsseldorfer, und einigen gesperrten Plätzen ist die Arena natürlich ausverkauft.
Oberrang alle in Blau, Unterrang alle in Weiß
Im Inneren hängen zahlreiche Plakate „Oberrang alle in Blau, Unterrang alle in Weiß“ für das letzte Heimspiel gegen Rostock – eine Gemeinschaftsaktion, gegen die selbst das „Problemfenster“ nichts einwenden kann. Auch über der Nord- und Südkurve machen entsprechende Banner auf die „Kleiderordnung“ aufmerksam.
Beim Fanspiel putzen die „Blue Mennes Kevelaer“ die „Brigade Blau-Weiß e. V.“ mit 5:2 von der Platte. Über Block K erscheint ein erstes Banner „Bildzeitung und Polizei, Populismus macht euch geil“ als Seitenhieb über die unverhältnismäßige Öffentlichkeitsfahndung im Nachgang zu den Auseinandersetzungen nach dem Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt vor einem Jahr.
Während Keeper und Mannschaft zum Warmmachen lautstark empfangen werden, plaudert Frank Schön, Mitglied im Kader der Eurofighter, über seine Zeit auf Schalke, anschließend wird die neue Solaranlage für das Parkhaus vorgestellt. Für allgemeine Heiterkeit sorgt die Nachricht, dass das Mikro der Böklunder Fanbox geklaut wurde.
Unser Traum von Schalke
Nach „Blau-Weiß, das sind die Farben von ganz oben“ gefällt sich der Gästeblock in einem kurzen „Scheixxe 04“, wird aber von der Nordkurve komplett ignoriert. Die Heimbilanz gegen Fortuna fällt ligaübergreifend mit 19 Siegen, 9 Unentschieden und 5 Niederlagen klar für Schalke aus. Die Aufstellung der Gäste versinkt weitgehend in einem gepflegten Pfeifkonzert.
Die Nordkurve erprobt derweil einen neuen Kurvensong, der nach „Wir kämpfen zusammen für den Club den wir so lieben, auch wenn die Zeiten manchmal Scheiße sind und wir am Boden liegen, unser Traum von Schalke wird niemals untergehn!“ klingt.
Nach dem Steigerlied gibt’s dann die Schalker Aufstellung, mit Müller, Ouwejan, Kaminski, Kalas, Soppy, Schallenberg, Kabadayi, Seguin, Ouwejan, Karaman, Topp und Terodde vertraut Geraerts mit Ausnahme von Topp für den verletzten Murkin der Startelf, die auch in Elversberg punktete. Danach folgt in Maximallautstärke der Wechselgesang „Schalke! – Nullvier!“.
„Verhältnismäßigkeit ausgeblendet, zusammen mit der Bild die Menschenjagd vollendet!“
Während beide Mannschaften zu den Klängen des Vereinslieds „Blau und Weiß, wie lieb ich Dich“ auf das Feld kommen, entrollen die Ultras über die ganze Breite der Nordkurve ein Banner „Pol GE: Verhältnismäßigkeit ausgeblendet, zusammen mit der Bild die Menschenjagd vollendet!“. Auch nach dem Anpfiff hagelt es bissige Kommentare zu der Fahndungsaktion: „Polizei und Springer Hand in Hand, jagen Fans im ganzen Land“, „Kleinkriegen werdet ihr uns nicht“, „Die ganze Welt hasst die Polizei“ und „Schalker verrät man nicht – Kampf dem Denunziantentum“ stoßen auf gemischtes Echo. Wer sich rechtlich ein wenig auskennt und seine Meinung nicht nur aus der Springerpresse BILDet, weiß, dass eine Öffentlichkeitsfahndung in einem solchen Umfang normalerweise schweren Straftaten vorbehalten ist, zu denen eine Schlägerei unter Fußballfans ohne schwere Verletzungen rechtlich schlicht nicht gehört, auch wenn diese Szenen nicht ins Stadion gehören.
Auf dem Rasen geht es ebenfalls von Beginn an ordentlich zur Sache; Terodde schickt direkt einmal einen Warnschuss in Richtung des Fortunators, der jedoch kein Problem für Kastenmeier darstellt (2.), ebenso wir eine ein wenig zu lang geratene Flanke von Kaminski (6.). Die Nordkurve supportet mit „Geh‘n mit Dir auf jede Reise“ und „Wir lieben alle nur den FC Schalke“, auch der gutgefüllte Gästeblock meldet sich unter einem Banner „Voran Rot-Weiß auf ewig unbesiegbar“ zu Wort.
Auf geht’s Schalke kämpfen und siegen
In der Folgezeit hat Schalke leichte Feldvorteile und die erste Ecke, die jedoch nichts einbringt (18.). Sehr lauf- und kampfstark präsentiert sich Topp, der es jedoch etwas zu gut meint und auf Sturmpartner Terodde zurücklegt, statt selber draufzuhauen, so dass de Wijs dazwischengehen kann (21.). Ein weiterer Kopfball des Rekordstürmers geht über das Tor (22.).
Für die Gäste schickt Zimmermann nach Vorarbeit von Engelhardt und Appelkamp einen satten Schuss Richtung des Schalker Tors, der noch von Kabadayi abgefälscht wird, aber Müller wehrt problemlos zur Ecke ab (25.). Die Kurve fordert „Auf geht‘s Schalke kämpfen und siegen“, „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid“ und „Eine Stadt erstrahlt in Blau“, während der Fortuna-Block leise vor sich hinzündelt. Ein kleiner Gruß geht nach Salerno „Ultras Salerno non mollate mai“ (…niemals aufgeben).
Im Mittelpunkt der Schalker Offensivarbeit steht in dieser Phase Terodde, der jedoch die zahlreichen Flanken von Ouwejan, Kabadayi und Topp nicht erfolgreich verarbeiten kann; Soppy bereitet den Fans Sorgen, weil er überfordert wirkt. Die Gäste haben außer zwei harmlosen Vorstößen von Tzolis auch nicht viel zu bieten, so dass es nach der ersten gelben Karte für Klaus wegen eines Fouls an Kabadayi (41.) zu den Klängen von „Wir komm‘n vom Berger Feld“ und Applaus torlos in die Pause geht.
Umjubelte Führung durch Karaman
In der Fanbox möchte eine junge Schalkerin ihre Schwester gegen das Trikot von Keke Topp eintauschen, für das Fanbelange-Team bewirbt auch Kirsche die Aktion gegen Rostock, alle gemeinsam in Blau und Weiß im letzten Heimspiel die Mannschaft zu pushen. Die Auswärtsinfo für Osnabrück, wo Schalke seit langem nicht mehr um Punkte gekämpft hat, folgt im Laufe der Woche.
Beide Mannschaften kommen personell unverändert wieder auf das Spielfeld, die Nordkurve schickt akustische Grüße nach Enschede und Nürnberg. Die Marler Jungs titeln derweil sehr deftig „Jeder Schalker weiß genau: Der größte Stadionschläger ist die ungeBILDete Bullens**“.
Der erste Abschluss geht auf das Konto von Fortuna, aber der erneut souveräne Müller pariert den Kopfball von Vermeij (46.). Auch bei den folgenden Annäherungen der Gäste bleibt der Schalker Keeper Sieger, lautstark unterstützt durch „Schalke, ich bin für Dich geboren“ und die Attacke. Im Gästeblock qualmt es derweil wieder vor sich hin.
Nach einem Schubser von Engelhardt gegen Topp gibt es Einwurf für Königsblau, ausgeführt von Ouwejan landet der Ball bei Terodde, der für Karaman ablegt, der trocken mit dem rechten Fuß aus 18 Metern zum 1:0 in die kurze Ecke einnetzt (55.). Der Jubel ist groß, glücklich wird der Torjingle „Blau und Weiß ein Leben laaaaang“ herausgebrüllt, während sich die Fortunen nach zuletzt drei Zu-Null-Spielen erst einmal sortieren müssen.
Fortuna-Joker trifft zum Ausgleich
Fortuna-Coach Thioune ersetzt Johannesson durch Tanaka. Müller faustet einen Freistoß von Appelkamp aus der Gefahrenzone (60.). Die Nordkurve performt „Gelsenkirchen Schalke Nuenzehnhundertvier, für deine Farben leben und sterben wir“ und beginnt, sich über Schiedsrichter Harm Osmers zu ärgern, der eine herzhafte Grätsche von Engelhardt gegen Kabadayi unkommentiert lässt (64.), Karaman aber für ein Allerweltsfoul an Tanaka Gelb zeigt (66.).
Einen Schuss von Vermeij kann Müller zur Ecke klären (67.); diese köpft De Wijs köpft an den linken Innenpfosten, wo Tanaka mühelos mit dem Kopf zum 1:1-Ausgleich abstauben kann (67.). Sch…ade. Noch vor dem VAR ertönt „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid“, leider wird der Treffer bestätigt.
Van der Sloot ersetzt den sichtlich ausgepumpten Soppy (68.). Aus dem Gästeblock wird eine Rakete Richtung Arenadach abgefeuert und ruft den Sicherheitssprecher auf den Plan. Karaman köpft einen Freistoß über den Kasten (72.). Zwischen dem Wechselgesang „Schalke! – Nullvier!“ gibt’s Szenenapplaus für Müller, der artistisch gegen Tzolis rettet (74.); Ouédraogo kommt für Terodde (75.).
Schiri-Frust in der Schlussphase
Beide Teams spielen jetzt mit offenem Visier, Müller hält gegen Iyoha den Punkt fest (76.). Während „Immer wieder S 04“ durch die Arena dröhnt, bringt Thioune mit einem Dreifachwechsel – Sobottka, Quarshie und Mustapha für Klaus, De Wijs und Vermeij – frische Kräfte. Topp sieht Geld, weil er eine etwas zu innige Beziehung mit dem Trikot von Tanaka eingeht (81.). Das wiederum gefällt Geraerts nicht, der für sein Gemecker prompt ebenfalls Gelb sieht, das Gleiche widerfährt Fortunas Sportdirektor Weber. Souverän ist anders, Herr Osmers!
Mit Tempelmann für Kabadayi und Lasme für Topp kommen auch für Königsblau noch zwei ausgeruhte Kicker (85.), Müller riskiert gegen Mustapha weit vor dem Sechzehner erfolgreich Kopf und Kragen (88.) – und es gibt fünf Minuten Nachspielzeit obendrauf. Und die haben es in sich! Über Seguin kommt der Ball zu van der Sloot, der eine Bilderbuchflanke auf Ouédraogo schickt, dessen Kopfball haarscharf am linken Pfosten vorbeigeht, schade (90+2.).
Quarshie sieht Gelb wegen eines Fouls an van der Sloot (90+4.), Gavory eretzt Iyoha, kastenmeier klärt gegen Ouwejan (95.) – und Ouédraogo geht im Duell mit Quarshie im Strafraum zu Boden (90+5). Osmers zeigt sofort auf den Elfmeterpunkt, nimmt den Elfer aber zur großen Enttäuschung des Schalker Publikums einige Minuten später nach Intervention des VAR und Studiums der Fernsehbilder zurück. Lautstarke „Schieber, Schieber“-Rufe und ein gellendes Pfeifkonzert begleiten den folgenden Schlusspfiff, im Nachhinein bekommen noch Ouwejan und Cissé gelb, weil sie sich über den nicht gegebenen Elfmeter beschweren. „Dieser Auftritt von Osmers kann demnächst als abschreckendes Beispiel bei der Schiedrichterausbildung dienen!“ ätzt ein Schalker in Block M.
Ein weiterer Punkt für den Klassenerhalt
Doch aller Frust über die Schiedsrichterleistung bringt nichts, es bleibt beim letztlich nach dem Spielverlauf leistungsgerechten 1:1. Schalke springt durch den Punkt mit nunmehr 37 Punkten auf Rang 11, kann aber in den Sonntagsspielen noch von Nürnberg und Magdeburg überholt werden; Düsseldorf bleibt mit 26 Punkten auf Platz 3. Der Abstand der Königsblauen auf den direkten Abstiegsplatz 17 beträgt sechs Punkte, zum Relegationsplatz 16 sind es vorbehaltlich des Sonntagsspiels von Wiesbaden fünf Punkte.
Als die Mannschaft vor die Kurve tritt, gibt’s lautstarken Applaus; insbesondere die zweite Halbzeit war ausgesprochen sehenswert. Mit „Auf geht’s Schalke kämpfen und siegen“ werden die Spieler nach Osnabrück verabschiedet, wo Schalke den Klassenerhalt so gut wie fix machen kann.