Schalke – Düsseldorf 1:1: Fans trösten die Mannschaft nach starkem Spiel mit viel Pech
15. Dezember 2024Der FC Schalke 04 und Fortuna Düsseldorf trennen sich nach einem mitreißenden Fußballspiel mit 1:1 (0:0). „Man of the Match“ ist Fortuna-Keeper Kastenmeier, der die Schalker Stürmer und das königsblaue Publikum in der mit 61.955 Zuschauern ausverkauften Veltins-Arena zur Verzweiflung bringt. Susanne Hein-Reipen berichtet…
Das Wetter ist nasskalt und usselig, aber in den Herzen der meisten Schalker scheint seit dem ebenso unerwarteten wie verdienten Auswärtssieg bei Tabellenführer Paderborn die Sonne. „Wenn sie so weiterspielen, gewinnen sie auch gegen Fortuna“ lautet die hoffnungsfrohe Parole beim Vorglühen.
Große Bühne für kleine Kicker
In der Arena glänzen die Stadionsprecher Dirk und Jörg sowie Maskottchen Erwin im diesjährigen Weihnachtspulli, der im Vergleich zu seinen Vorgängern der letzten Jahre durch reines Blau-Weiß und ein auch nüchtern gut zu ertragendes Muster besticht. Im Fanspiel fiedelt der Fanclub Schalke-Union die Gegner von „Nordbaden-Pfalz“ locker mit 4:1 weg, dann steigt das Minimatch zwischen der Schalker U10 und den Düsseldorfer Altersgenossen. Die Jungs gehen mit so viel Begeisterung und Einsatz zur Sache, dass beide Fankurven lautstark supporten. Ein schöner Doppelschlag bringt die Schalker Boys auf die Gewinnerstraße und am Ende darf mit der Nordkurve ein 5:2-Erfolg gefeiert werden.
Nach der Werbung für diverse Konzerte und das Biathlon-Event auf Schalke kommen die Torhüter zum Aufwärmen auf den Platz, bald gefolgt von den Mannschaften. Am Mikrophon plaudern derweil Bodo Menze und Sebastian Buntkirchen über das Projekt „Schalke erleben“, das die Stiftung Schalker Markt mit Fördermitteln der Brost-Stiftung für eine virtuelle Reise durch die Schalker Geschichte erarbeitet hat.
Sonderapplaus für Karaman
Die Heimbilanz gegen die Fortunen berechtigt zu Optimismus; die Aufstellung der Gäste ist schnell verlesen. Die Nordkurve ölt derweil recht lautstark die Stimmbänder mit einem Gruß nach Enschede, der dann nahtlos in das Steigerlied übergeht. „Schaaaaalke und der FCN“ darf natürlich auch nicht fehlen.
Bei der Schalker Aufstellung gibt’s einen unüberhörbaren Sonderapplaus für Kapitän Kenan Karaman, der in Paderborn nicht nur als Doppeltorschütze voranging, sondern auch eine viral gegangene Kabinenansprache hielt. Mit Heekeren, Murkin, Kaminski, Schallenberg, Bulut, Seguin, Bachmann, Antwi-Adjej, Karaman, Aydin und Sylla setzt van Wonderen mit Ausnahme von Antwi-Adjej für den leicht angeschlagenen Younes auf die Überraschungself von Paderborn.
Die Mannschaften kommen zum Vereinslied „Blau und Weiß, wie lieb ich Dich“ auf den Rasen. Der mit rund 5.000 Anhängern aus der Landeshauptstadt gutgefüllte Gästeblock nutzt die Gelegenheit, um unter dem Banner „Rot-Weiß auf ewig unbesiegbar“ beginnend mit einer verirrten Rakete kräftig zu zündeln; die Nordkurve setzt auf akustische Unterstützung und geht über den Wechselgesang SCHALKE! – NULLVIER! mit der Südkurve zu „Geh‘n mit Dir auf jede Reise“ über, dann rollt endlich der Ball.
Schalke schießt Kastenmeier warm
Beide Mannschaften gehen vom Anpfiff an mit so viel Schwung zur Sache, dass sich Heekeren und Kownacki bei ihren ersten Aktionen auf dem rutschigen neuen Rasen gleich auf die Nase legen. Bereits in der 3. Spielminute muss Fortuna-Keeper Kastenmeier gegen einen Konter der Schalker über Karaman sein ganzes Können zeigen. Auch gegen einen harmlosen Kopfball von Sylla (5.) und eine Flanke von Murkin (12.) zeigt sich der Gästeschlussmann aufmerksam, um dann wiederum gegen Sylla eine weitere reaktionsstarke Glanzparade zu zeigen (13.).
Der offensive Beginn der Königsblauen gefällt der Nordkurve, die sich mit „Super FC Schalke“, „Auf geht’s Schalke, kämpfen und siegen“, „Steht auf“ und „Schalke, ich bin für dich geboren“ durch das Schalker Liedgut singt. Kastenmeier lässt sich davon leider nicht beeindrucken und klärt in rasanter Folge gegen Antwi-Adjei und den Nachschuss des völlig freistehenden Aydin (18.).
Nach einer halben Stunde steigen die Mannschaftskameraden von Kastenmeier auch ins Geschehen ein und dürfen kurz jubeln, aber das vermeintliche 0:1 zählt nicht, denn Kownacki stand beim Pass auf van Brederode klar im Abseits (31). Der Gästeblock haut trotzdem gutgelaunt einige rote Bengalos raus und kassiert eine Ermahnung vom Sicherheitssprecher.
Applaus zur Pause
Die Nordkurve macht mit einer Attacke und „Wir komm‘n vom Berger Feld“ weiter im Text, Kastenmeier macht ebenfalls munter weiter und klärt gegen Sylla, der knapp fünf Meter vor dem Tor einen unerwarteten Querschläger von Sobottka nicht richtig unter Kontrolle bekommt. Die erste gelbe Karte des Spiels geht an Johannesson für ein Foul am stark aufspielenden Bachmann (37.). Einen ersten Abschluss von Iyoha (40.) und einen bogenförmigen Kopfball von Sylla in die Arme von Kastenmeier (44.) später geht es pünktlich und mit Applaus in die Kabinen.
„Bis auf die Chancenverwertung alles tutti“ fasst ein Schalker aus Münster die zufriedene Stimmung am Bierstand perfekt zusammen. Auch in der Fanbox regiert der Optimismus; beim Halbzeittalk mit der Abteilung Fanbelange plaudert Thomas Kirschner über die Mitgliederaktion zu Weihnachten – die Aufnahmegebühr kommt Schalke hilft zugute -, die Fanclubbesuche am vergangenen Wochenende und das anstehende Auswärtsspiel in Elversberg.
Schalke kommt deutlich vor den Gästen wieder auf den Rasen; die beiden Fanlager nutzen die Wartezeit, um sich ein paar Komplimente ins Ohr zu säuseln: „Scheixx Fortuna“, „Scheixxe 04“ und „Ihr seid nur ein H*rensohnverein“, wäre das also auch geklärt. Mit „Schalke, nur Du alleine“ wird es dann wieder deutlich konstruktiver.
Schalke drängt, Fortuna trifft
Schalke bleibt im Vorwärtsgang, erste Aktionen von Karaman (47.) und Murkin (50.) bringen jedoch keine wirkliche Gefahr. Haag (Foul an Seguin, 54.) und Lunddal (fieser Check gegen Sylla, 56.) sehen rasch hintereinander jeweils Gelb, Lunddal wird prompt durch Niemiec ersetzt.
Lautstark unterstützt durch „Eine Stadt erstrahlt in Blau“ versucht sich Bulut mit einem Distanzschuss aus 22 Metern, doch Kastenmeier steht einmal mehr im Weg (57.). Drei Zeigerumdrehungen später wirft sich der Ex-Schalker Sobottka in einen Schuss von Karaman (59.) – und plötzlich bewahrheitet sich die alte Fußballweisheit, dass sich die Dinger, die man vorne nicht macht, hinten rächen: Lange Flanke Oberdorf, Niemiec und Kownacki marschieren alleine auf Murkin zu, der den Polen nicht halten kann. Mit Hilfe des linken Pfostens vollendet Kownacki sein Werk zur komplett unverdienten 0:1 Führung (62.).
Der Gästeblock feiert sein Glück mit einigen Bengalos, die Nordkurve schaltet trotzig in den Vorwärtsgang: „Steht auf“, „Für Deine Farben“, „Auf geht’s Schalke schieß‘ ein Tor“, „Voooorwärts Schalke, kämpfen und siegen“ und „Vorwärts FC Schalke, schieß ein Tor für uns“ geben klar die Richtung vor.
Sylla mit dem umjubelten Ausgleich
Der Lohn lässt nicht lange auf sich warten: Murkin bedient mustergültig Antwi-Adjej, der wiederum eine Bilderbuchflanke zu Sylla in den Strafraum schickt, gegen dessen platzierten Kopfball aus knapp sechs Metern Torentfernung selbst Kastenmeier machtlos ist (72.). Blau und Weiß ein Leben laaaaang…
Als erste Wechsel bringt van Wonderen die beiden wiedergenesenen Höjlund (für Aydin) und Hamache (für Antwi-Adjej, 73.); sein Gegenüber Thioune ersetzt Haag durch Zimmermann (74.). Musikalisch ist jetzt „Immer wieder S 04“ angesagt. Heekeren, der insgesamt einen eher ruhigen Nachmittag verlebt, klärt gegen Iyoha (78.); Sobottka sieht Gelb für ein Foul an Karaman.
Schalke gegen Kastenmaier
Schalke geht nun deutlich mehr auf den Siegtreffer als die Gäste, aber Kastenmeier hat weiter das Glück des Tüchtigen: Ein abgefälschter Schuss von Sylla nach Vorarbeit von Seguin und Bulut prallt von der Unterkante der Latte an den linken Pfosten und dann in seine Arme (80.). Kurz darauf wird der Torschütze durch Gantenbein ersetzt und darf sich den verdienten Applaus des Publikums und der Bank abholen.
Fortuna nimmt durch einen Dreifachwechsel (van Brederode/Pejcinovic, Iyoha/Rossmann und Sobottka/Quarshie) weiter Zeit von der Uhr. Die Nordkurve stimmt noch einmal den Wechselgesang an und verflucht Kastenmeier, der auch einen Kopfball von Schallenberg nach Seguin-Ecke über die Latte lenken kann (88.). Als finale Großtat klärt der Keeper am Ende der dreiminütigen Nachspielzeit erneut gegen Schallenberg, dann ertönt der Abpfiff.
Die Reaktionen nach dem Schlusspfiff spiegeln den Spielverlauf perfekt wider: Die Schalker sinken enttäuscht zu Boden, die Fortunen bejubeln den glücklichen Punkt. Durch das Remis steht Schalke mit 17 Punkten auf Rang 13; Düsseldorf belegt mit 26 Punkten Rang 2.
Wir werden siegen, weil wir die Guten sind!
Van Wonderen und Karaman trommeln die Spieler zum Kreis zusammen, während die Nordkurve mit dem Banner „Wir werden siegen, weil wir die Guten sind“ bereits darauf wartet, die Mannschaft zu trösten. Dementsprechend werden die Spieler mit kräftigem Applaus und einer gemeinsamen Hüpfparade zu „Schalalala, Schalke 04“ empfangen, bevor das obligatorische „Auf geht’s Schalke kämpfen und siegen“ ertönt. Ein krasser Unterschied zu dem Pfeifkonzert nach der Heimniederlage gegen Kaiserslautern, der einmal mehr beweist: Sobald die Mannschaft Einsatz zeigt, hat sie den bedingungslosen Rückhalt der Schalker!
Dann gehen die Spieler zu „Königsblauer S 04“ auf die Stadionrunde, während ein erleichterter van Wonderen in der Pressekonferenz verlauten lässt „Das Vertrauen in unsere eigenen Stärken wird immer größer. Es macht Spaß, sich unsere Mannschaft anzuschauen und zu sehen, wie wir uns die Möglichkeiten herausspielen. Wir sind auf einem guten Weg.“ Und in der Tat, fast alle Statistiken des Spiels sprechen klar für Schalke – und nicht jeder Gegner hat Kastenmeier im Tor. Wenn die Mannschaft es schafft, die Spielweise der letzten beiden Begegnungen nach Elversberg und durch die Winterpause zu retten, brauchen die Schalker Fans bald keinen Gedanken mehr an Abstiegsszenarien zu verschwenden…