Derby – Geisterspiel oder Absage wegen Corona: Bekommen die Fans ihr Geld zurück?
9. März 2020Bundesgesundheitsminister Jens Spahn „empfiehlt“ wegen der Ansteckungsgefahr mit dem Corona-Virus die Absage von Großveranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmern. Davon betroffen sind höchstwahrscheinlich auch die beiden NRW-Derbys. Viele Fans fragen sich nun: Bekomme ich wenigstens mein Geld für die Tickets zurück? Juristin Susanne Hein-Reipen skizziert die Rechtslage.
Wenn ich mit einem gültigen Ticket nicht die gewünschte Veranstaltung oder Spiel besuchen kann, weil es gar nicht oder ohne Zuschauer stattfindet, gibt’s die Kohle zurück? So einfach ist es leider nicht…
Absage und Verschiebung: Tickets behalten Gültigkeit
Zu unterscheiden ist zunächst, ob das Spiel „abgesagt“ wird oder am ursprünglichen Termin, aber ohne Zuschauer als „Geisterspiel“ stattfindet. Bei einer Absage wiederum muss man zwischen ersatzloser dauerhafter Absage (bisher ist es in der Bundesliga noch nie vorgekommen, dass Spiele nicht nachgeholt wurden) und Absage des ursprünglichen Termins und Verschiebung auf einen späteren Zeitpunkt unterscheiden. In diesem Fall behalten grundsätzlich die Tickets ihre Gültigkeit.
Das Problem dabei ist, dass die Terminpläne auch wegen der europäischen Wettbewerbe und der anstehenden Europameisterschaft bereits so eng getaktet sind, dass es kaum möglich ist, mehrere Spieltage vollständig nachzuholen. Schwierig wäre zudem eine unterschiedliche Handhabung in den einzelnen Bundesländern, die gravierende Wettbewerbsverzerrungen zum Nachteil der Vereine aus stark betroffenen Ländern wie NRW, Baden-Württemberg und Bayern zur Folge hätte.
Geisterspiel: Bei „höherer Gewalt“ besteht kein gesetzlicher Ersatzanspruch
DFL-Geschäftsführer Christian Seifert betonte bereits, dass die Saison wie vorgesehen bis Mitte Mai zu Ende gespielt werden müsse, um die Auf- und Absteiger sowie die Teilnehmer für die internationalen Wettbewerbe zu ermitteln. Da keiner weiß, wie lange wegen des Corona-Virus‘ ein Verzicht auf Großveranstaltungen notwendig oder sinnvoll ist, wird es wohl auf Geisterspiele ohne Zuschauer hinauslaufen, auch wenn der Gedanke an Spiele, an Derbys ohne Zuschauer jedem, der den Fußball liebt, das Herz im Leib herumdreht.
Ob die Fans in diesem Fall die Ausgaben für die Tickets erstattet bekommen, hängt davon ab, WER den Zuschauerausschluss beschließt und was der jeweilige gastgebende Verein in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) dazu verfügt hat: Würde die DFL bzw. die Vereine als Veranstalter den Fanausschluss ohne behördliche Anordnung beschließen, haften sie den Zuschauern und müssten die Preise erstatten. Mit einer solchen Regelung ist nicht zu rechnen.
Untersagen hingegen die zuständigen Gesundheitsämter Dortmund bzw. Mönchengladbach die Durchführung mit Zuschauern, gilt das als „höhere Gewalt“, weil die Vereine nicht für die Gefahren durch das Coronavirus verantwortlich sind und sie auch durch äußerste Sorgfalt nicht abwenden können. Dieses Szenario ist nach den Empfehlungen von Jens Spahn und der Ankündigung von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, diese befolgen zu wollen, sehr wahrscheinlich, auch wenn die Letztentscheidung nach dem Infektionsschutzgesetz formal den örtlichen Gesundheitsämtern zusteht. In den Fällen einer solchen „höheren Gewalt“ gibt es keine gesetzliche Ersatzpflicht.
Gladbacher Fans bekommen Geld zurück, Dortmunder und Schalker schauen wohl in die Röhre
Die Ticketkäufer sind somit auf die Regelungen der Vereine angewiesen – und da haben Kunden der Borussia aus Mönchengladbach deutlich bessere Karten als die der schwarzgelben Namensvetterin: Die Gladbacher Ticketbestimmungen sagen in Punkt 5.5. für diesen Fall die Erstattung des entrichteten Ticketpreises zu, lediglich Bearbeitungs- und Versandgebühren werden nicht erstattet – beim BVB hingegen sieht Nr. 4 (4) der Ticket-AGBs vor, dass bei Abbruch, Absage oder der Verpflichtung, Zuschauerplätze nicht oder nur teilweise zu besetzen („Geisterspiel“), grundsätzlich keine Erstattung des Kaufpreises erfolgt. Allerdings behält sich der BVB „eine abweichende Regelung zugunsten der Erwerber vor“, d. h. er kann von Fall zu Fall aus Kulanzgründen entscheiden, ob er die Tickets ganz oder teilweise erstattet. Ob der BVB bei rund 80.000 Tickets freiwillig Geld auszahlt, darf bezweifelt werden. UPDATE: Der BVB hat am Dienstag nach der offiziellen Absage des Spiels via twitter zugesagt, dass der Kartenpreis in allen Fällen zurückerstattet wird.
Wer aus Angst nicht hingeht, bleibt ebenfalls auf den Kosten sitzen
Findet ein Spiel hingegen trotz ärztlicher oder behördlicher Empfehlungen mit Zuschauern statt, haben Ticketkäufer, die aus Angst vor einer Ansteckung nicht hingehen, keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten, egal, wie begründet ihre Bedenken sind.
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