Schalke – Regensburg 2:1: Königsblauer Kampf wird mit 3 wichtigen Punkten belohnt
5. Februar 2022Der FC Schalke 04 schlägt den SSV Jahn Regensburg in einer umkämpften Partie mit 2:1 (0:1). 10.000 Zuschauer in der Veltins-Arena feiern drei immens wichtige Punkte im Aufstiegskampf, die gute Moral der zweiten Halbzeit – und „Kurzarbeiter“ Darko Churlinov. Susanne Hein-Reipen ist dabei und berichtet…
Bis Mitte der Woche gingen alle Beteiligten davon aus, dass das womöglich richtungsweisende Heimspiel gegen Regensburg vor nur 750 Zuschauern stattfinden müsste; doch die kurzfristige Änderung der Coronaschutzverordnung NRW ermöglicht immerhin 10.000 Fans mit 2G+. Nach kurzzeitigen Irritationen funktioniert auch der technisch neu aufgesetzte Ticketshop und die Arena ist so voll, wie sie unter den geltenden Regeln sein darf.
Jeder Mensch zählt, egal auf welchem Platz
Das Fanspiel bestreiten dieses Mal nicht wie üblich zwei Fanclubs, stattdessen messen sie SFCV und Schalker Geschäftsstelle. Das Training des Fanclubverbands war offenbar erfolgreicher, denn am Ende steht es 3:2. Sebastian „Bunti“ Buntkirchen, Direktor für Fans und Vereinsangelegenheiten, wechselt dann vom Elfmeterpunkt ans Mikro und plaudert mit dem Quatscher über den Erinnerungstag im deutschen Fußball. Auch das heutige Spiel steht unter dem Motto „Jeder Mensch zählt – egal auf welchem Platz“; Bunti trägt dazu das „Steht auf/Gemeinsam gegen Rassismus“-Shirt, mit dem auch die Mannschaft später auf den Platz kommt.
In diesen „ernsten“ Themenblock passt auch die Verleihung der diesjährigen Ernst-Alexander-Auszeichnung, mit der der Verein jährlich am Geburtstag seines von den Nationalsozialisten ermordeten Spielers Initiaten und Institutionen ehrt, die sich gegen Rassismus und Diskriminierung einsetzen. 2022 geht die Ehrung an die Gesamtschule Berger Feld; die Schulleiterin freut sich und berichtet über das „Friedensprojekt“. Auch zahlreiche Schalker Profis erlangten dort ihren Schulabschluss, zuletzt Malick Thiaw.
Neuzugang Lee noch nicht im Kader
Die Aufstellung der Gäste wird von den knapp 200 mitgereisten Fans bejubelt, dann folgen traditionell Steiger- und Vereinslied. Vor der Nordkurve prangt ein Transparent „Schalker Tugenden: Kampf & Leidenschaft, die zweite Zeile verschwindet leider hinter der Werbebande. Mit viel Stimmeinsatz folgt dann die königsblaue Aufstellung, wobei Neuzugang Lee nach nur zwei gemeinsamen Trainingstagen zwar Arenaluft schnuppern darf, aber noch nicht mitmischen darf. Stattdessen vertraut Chefcoach Dimitrios Grammozis Fraisl, Itakura, Sané, Kaminski, Ouwejan, Palsson, Vindheim, Idrizi, Zalazar, Pieringer und Terodde. Thiaw und Bülter müssen zunächst auf der Bank Platz nehmen.
Die Stimmung in der Arena ist trotz des nicht geöffneten Oberrangs beim Einlaufen der Mannschaften prima. Schon unmittelbar nach dem Anpfiff werden „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid“ und die asozialen Schalker angestimmt.
Frühes Aus von Vindheim schockt die Schalker
Nach gerade einmal acht Minuten mit je einem aussichtsreichen Vorstoß bekommt die Schalker Laune jedoch einen deutlichen Dämpfer: Neuzugang Vindheim, beim 5:0-Auswärtssieg in Aue überragender „Man of the Match“, muss verletzt runter, für ihn kommt Ranftl.
Schalke bleibt trotzdem zunächst im Vorwärtsgang, doch Terodde scheitert aus kurzer Distanz an Meyer (9.). Einige Minuten später titscht ein sehr gefühlvoller Freistoßschlenzer von Ouwejan auf die Querlatte, schade (14.). Die Nordkurve fordert „Vorwärts FC Schalke, schieß ein Tor für uns“.
Albers trifft zum 0:1
Doch auch die Gäste auch Regensburg sind konzentriert und bisweilen (über)hart bei der Sache. Breitkreuz und Gimber sehen für Fouls jeweils Gelb, dann darf der Jahn jubeln: Nach einem Schalker Ballverlust im Mittelfeld marschiert Albers weitgehend unbedrängt über den halben Platz und haut aus 25 Metern einfach mal drauf – und der von Palsson noch leicht abgefälschte Ball schlägt im rechten Toreck ein (32.)!
Schalke muss sich nach diesem Wirkungstreffer erst einmal neu sortieren und bringt bis zur Pause gegen die gut stehende Abwehr der Regensburger nur noch zwei halbherzige Vorstöße durch Sané und Idrizi zustande. Idrizi sieht zudem in der Nachspielzeit noch Gelb, weil er Schiedsrichter Welz anmeckert, der daraufhin prompt mit einem gellenden Pfeifkonzert in die Kabine verabschiedet wird, da viele Fans der Meinung sind, dass er lieber gegen das bisweilen sehr rustikale Einsteigen der Regensburger hätte einschreiten sollen.
In der Halbzeitpause gibt’s wie immer gutgelaunte Schalker aller Altersklassen in der Fanbox, viel Werbung und Aktuelles vom Team Fanbelange: Kirsche plaudert über „Walking football“, eine Graffiti-Aktion des Esports-Teams zugunsten der „Steht auf“-Initiative und kündigt an, dass ab Montag Anfragen für das nächste Auswärtsspiel bei der Düsseldorfer Fortuna möglich sind. Kleiner Wermutstropfen: Wo beim letzten Mal eine satt 5stellige Anzahl Schalker den Auswärtssieg feierte, sind nur 500 Tickets verfügbar.
Grammozis‘ Joker bringen die Wende
Die dringendste Frage jedoch: Schafft Schalke in der zweiten Halbzeit den Turnaround? Beide Trainerteams verzichten zunächst auf Wechsel; auch das Spiel zeigt sich nur wenig verändert: Schalke bemüht sich, kann die Regensburger Abwehr aber nicht in ernsthafte Schwierigkeiten bringen. Wekesser sieht ebenfalls Gelb; dann heißt es zweimal tief Durchatmen: Ein Distanzschuss von Boukhalfa geht nur haarscharf über die Latte (60.), danach prüft er noch das Aluminium (62.). Puah!
Grammozis erlöst dann die haareraufenden Schalker und bringt in einem Dreifachwechsel Bülter für Pieringer, Churlinov für Zalazar und Thiaw für Sané – und kaum 60 Sekunden später verlängert Bülter eine schöne Flanke von Kaminski in die Mitte des Fünfmeterraums, den Rest regelt Terodde. 1:1 in der 64. Minute, blau und weiß ein Leben laaaaang…
Thiaw setzt den Schlusspunkt
Der Ausgleich setzt bei der Schalker Mannschaft offenbar neue Kräfte frei, beruhigt Grammozis‘ Nerven aber offenbar nur bedingt. Nach einem weiteren Foul im Mittelfeld beschwert er sich so lautstark, dass Schiedsrichter Welz sich herausgefordert fühlt und nach einem kurzen hitzigen Nase-an-Nase-Wortgefecht Gelb für den Trainer zückt. Coronakonform war der Abstand nicht…
Kurz darauf darf Grammozis trotzdem überschwänglich jubeln: Eine Freistoßflanke von Ouwejan verlängert erneut Bülter in den Strafraum, wo Thiaw aus zentraler Position aus rund sieben Metern zu einem lehrbuchmäßigen Kopfball hochsteigt: 2:1 (73.), das Spiel ist gedreht, der Jubel entsprechend groß!
Schafft Schalke es, die Führung über die Zeit zu bringen? Ranftl sieht Gelb; Regensburg bringt nun mit zwei Doppelwechseln auch frisches Personal – und Churlinov darf nach gerade einmal 18 Minuten wieder duschen gehen, denn Grammozis möchte mit Flick offenbar die Defensive stärken. Der Nordmazedonier trägt seine „Kurzarbeit“ jedoch sportlich und wird dafür auf dem Weg zur Bank mit Standing Ovations gefeiert, auch der Mythos vom Schalker Markt ist zu hören.
Drei wichtige Punkte – und gute Moral
Es bleibt auch nach der dreiminütigen Nachspielzeit bei 2:1, die Erleichterung ist auf der Trainerbank, bei den Spielern und Fans gleichermaßen groß; die Regensburger Spieler sinken hingegen frustriert auf den Rasen.
Schalke bleibt damit im Aufstiegsrennen dabei und belegt zumindest vorübergehend Platz 3 mit 37 Punkten, die Gäste bleiben mit 31 Punkten auf Rang 8. Die Nordkurve macht erleichtert eine Welle mit der Mannschaft, bevor es auf die Stadionrunde geht; Marcin Kaminski zeigt seinem staunenden Töchterlein die Kulisse. Grammozis‘ Wechsel haben heute perfekt gepasst; für das kommende Auswärtsspiel gegen die momentan schwächelnde Fortuna stellt sich trotzdem die Frage, ob Bülter nicht von Anfang an auf dem Platz stehen sollte – doch die Auswahl zwischen ihm und Pieringer ist ein offensives Luxusproblem…