Schalke – Frankfurt 4:3: Furiose zweite Halbzeit der jungen Wilden macht Hoffnung – WIR KOMMEN WIEDER!
15. Mai 2021Schalke liefert gegen Frankfurt ein überraschend gutes Spiel ab. Klare Matchwinner sind die jungen Spieler aus der Knappenschmiede, von denen sich mit Idrizi, Flick und Hoppe im zweiten Durchgang gleich drei in die Torschützenliste eintragen. Susanne Hein-Reipen hofft, dass das ein Vorgeschmack auf die kommende Saison ist…
Zwischen Schalke und Frankfurt gab es in der Vergangenheit zahlreiche hart umkämpfte Duelle, regelmäßig auf beiden Seiten mit frenetischem Support, doch dieses Mal müssen beide Fanlager draußen bleiben – und für die Eintracht geht es noch um die CL-Qualifikation, während Schalke bekanntlich bereits als Absteiger feststeht. Pikantes Detail am Rande: Würde Schalke heute den erst dritten Sieg der Saison einfahren, käme dies ausgerechnet den ungeliebten schwarzgelben Nachbarn zu Gute…
WIR KOMMEN WIEDER!
Das Polizeiaufgebot rund um die Arena steht dem an Spieltagen mit Fans kaum nach, Zusammenstöße mit mitgereisten Frankfurtern sollen ebenso verhindert werden wie etwaige Übergriffe zutiefst enttäuschter S04-Anhänger auf die Mannschaft.
Bereits am Vormittag hatte ein Trupp eingefleischter Schalker vor dem Mythos Görsmeier, an der Tausend-Freunde-Mauer und der Glückauf-Kampfbahn symbolisch die erste Liga zu Grabe getragen. Das Banner „Lieber Rudi, der Schnee ist jetzt geschmolzen!“ in Anlehnung an den berühmten Spruch des legendären Managers traf dabei in den sozialen Netzwerken auf nahezu uneingeschränkte Zustimmung. Das Grabkreuz nebst Kranz und Leichenwagen hingegen fanden einige Schalker deutlich „drüber“, da Schalke nicht tot, sondern „nur“ abgestiegen ist – in diesem Sinne prophezeiten sowohl Banner als auch Kreuz dann auch „WIR KOMMEN WIEDER!“
Zusammengewürfelte Startelf
Verletzungs- und quarantänebedingt muss Chefcoach Dimitrios Grammozis erneut Akteure ohne Zukunft auf Schalke und blutjunge Youngster aus der Knappenschmiede mischen: Fährmann, Becker, Sané, Mustafi, Aydin, Oczipka, Flick, Idrizi, Harit, Uth und Huntelaar sollen es richten.
In Vertretung des gelbgesperrten Sead Kolasinac trägt Huntelaar die Kapitänsbinde und übernimmt auch gleich den Anstoß. Die Gäste versuchen es direkt einmal mit einem laaangen Ball auf Silva, aber der Portugiese steht im Abseits. Für Schalke setzt erneut Huntelaar nach schöner Vorarbeit von Idrizi die erste Duftmarke, trifft jedoch nur das Außennetz. Dann muss Fährmann im Schalker Tor ran; zunächst wehrt er einen Schuss von Chandler mit dem Fuß ab, dann muss er sich mächtig strecken, um ein Beinahe-Eigentor von Sané aus dem Winkel zur Ecke zu fausten.
Huntelaar im Nachschuss, Silva mit dem Ausgleich
Tuta und Harit dringen in den Strafraum vor, der Frankfurter räumt den Schalker ab – Elfmeter, klare Sache. Klare Sache? Nein, Schiedsrichter Jablonski und mit ihm alle Spieler einschließlich des designierten Schützen Huntelaar müssen noch mehrere Minuten warten, bis der VAR eine mögliche vorherige Abseitsstellung von Harit verneint hat. Wären Fans in der Arena, gäbe es jetzt wieder lautstarke Frustbekundungen gegen diese Zerstörung des Spielflusses.
Trappkann Huntelaars Schuss abklatschen, aber der Ball fliegt wieder genau vor die Füße des Niederländers – der Nachschuss sitzt und Schalke führt 1:0 (15.).
Die Frankfurter intensivieren jetzt ihre Offensivbestrebungen, aber Schalkes Defensive hält zunächst gut dagegen. Ein Extralob verdient sich Aydin, der Kostic nicht zur Entfaltung kommen lässt.
Dann klingelt es aber doch im Schalker Tor – Schuld ist Ralf Fährmann: Der Keeper, auf der Linie eine Bank, irrt einer Younes-Flanke hinterher und wird von Silva glatt zum 1:1-Ausgleich überköpft (29.). Ein komplett unnötiges Gegentor, auch wenn das 1:1 den Spielanteilen durchaus gerecht wird. Mit diesem Ergebnis geht es in die Kabinen, wobei Frankfurt die Viertelstunde vor der Pause offensiv gefälliger ist als die Hausherren.
Furioser Wiederbeginn
Für Uth beginnt Matthew Hoppe, doch die ersten Aktionen gehen an die Gäste. Ein Kopfball von Chandler geht noch vorbei, doch nach einer Flanke von Kamada liefern sich Ndicka und Sané ein Kopfballduell, bei dem der Schalker den Ball über Fährmann hinweg zum 1:2 ins eigene Netz köpft (51.).
Der Frust währt jedoch nicht lange, denn keine zwei Minuten später findet Huntelaar mit einem Hackentrick Idrizi, der eiskalt weiterläuft und flach einschiebt (53.). Der Torschütze rennt direkt durch bis zur Trainerbank, um Gerald Asamoah in die Arme zu hüpfen.
Die jungen Wilden starten durch
Huntelaar macht Platz für Paciencia, der bald wieder zu seinem Entleihverein zurückkehren wird, doch das nächste Tor stammt wieder von einem Youngster: Hoppe tankt sich in den Strafraum und bedient Flick, dieser verlädt Trapp zur 3:2-Führung für Schalke (60.)! GENAU SO wollen wir Schalke sehen!
Und weil aller guten Dinge drei oder 04 sind, folgt gerade einmal vier Minuten später das dritte „Made in Knappenschmiede“-Tor und der vierte Treffer für Königsblau an diesem Nachmittag. Diesmal ist es Hoppe selber, der mit einem perfekt platzierten schrägen Rechtsschuss zum 4:2 einnetzt (64.). Wie Flick sucht er sich Mike Büskens zum Knuddeln aus.
Danach wechselt ein sichtlich angesägter Adi Hütter gleich viermal aus, Kamada, Younes, Sow und Ndicka werden durch Zuber, Jovic, Hrustic und Rode ersetzt. Grammozis bringt mit Debütant Henning Matriciani für Aydin den königblauen Spieler Nummer 41 dieser Saison, ein Rekord für die Ewigkeit?
Zum (vorläufigen) Abschied ein Heimsieg – und ganz viel Hoffnung
Frankfurt wird nun offensiv wieder stärker und schafft durch Silva den erneuten Anschluss zum 4:3 (72.). Skrzybski ersetzt Idrizi, die Frankfurter rennen an, doch die Schalker Abwehr hält, Timo Becker hat bei einem der jetzt seltenen Entlastungsangriffe sogar die Möglichkeit zum 5:3. Der kurz zuvor eingewechselte Ache startet noch eine Todesgrätsche gegen Oczipka und hat Glück, dass dieser ziemlich robust ist und er mit dunkelgelb davonkommt. Ein letzter Frankfurter Freistoß in der vierminütigen Nachspielzeit landet in der Schalker Mauer, dann ist es vorbei.
Ergebnistechnisch nützt dieser Sieg leider in erster Linien den komischen Farben aus der Nähe von Lüdenscheid, mentalitätsmäßig ist er absoluter Balsam auf den von dieser Saison übel strapazierten Schalker Seelen. Weil er Hoffnung macht. Hoffnung darauf, dass mit vielen mutigen und einsatzfreudigen Jungs aus der Knappenschmiede und einigen erfahrenen Leadern ein Schalker Zweitligateam gebaut werden kann, das wieder für die Schalker Tugenden steht. Dass es in nicht allzu ferner Zukunft wieder möglich ist, gerne Schalker Spiele anzuschauen. Dass mit den Ur-Schalkern Mike „Bujo“ Büskens und Gerald „Asa“ Asamoah zwei langfristige Eckpfeiler gefunden sind, deren Charakter und Standing sie aus dem teilweise grotesk schnellen sportlichen Personalkarussell heraushebt, damit gerade die jungen Spieler verlässliche Ansprechpartner haben, denen sie vertrauen können.
Und darauf, dass bald auch wieder die Schalker Fans als 12. Mann hinter dieser runderneuerten Mannschaft stehen und sie nach vorne peitschen können. WIR KOMMEN WIEDER!