1.200 Schalker demonstrieren friedlich für die Schalker Werte
27. Juni 2020Trotz schwieriger Voraussetzungen demonstrieren parallel zum letzten Saisonspiel rund 1.200 Schalker rund um das Berger Feld friedlich, fair und corona-konform für die Werte des Leitbilds und gegen Clemens Tönnies und die Vereinsführung. Susanne Hein-Reipen berichtet – und hat viele Fotos mitgebracht.
Petrus meint es nicht so richtig gut mit den Demonstranten, die dem Aufruf von Stefan Barta und Katharina Strohmeyer gefolgt sind, „gegen die Zerlegung unseres Vereins“ eine blau-weiße Menschenkette rund um das Berger Feld zu bilden. Gewitterwarnungen und ein heftiger Regenguss kurz vor Beginn der Demonstration sorgen für ein gepflegtes Dschungelklima. Der Schweiß läuft in Strömen, trotzdem werden brav Schalker Mund-Nasen-Schutzmasken getragen. Von Jung bis Alt, organisiert und unorganisiert, Ultra bis Familie ist alles vertreten.
Kornelia Toporzysek und Yyyyyyyves Eigenrauch
Das Medieninteresse ist enorm, besonders gefragte Interviewpartnerin ist neben den beiden Organisatoren Kornelia Toporzysek, die beim Talk der Trinkhalle am Flöz ein sehr bemerkenswertes Interview zum „System Tönnies“ und den Gründen ihres Rücktritts aus dem Ehrenrat gegeben hat. Auch Eurofighter Yves „Yyyyyyves“ Eigenrauch, schon immer ein kritischer Kopf, reiht sich in die Menschenkette ein.
Apropos Menschenkette: In Zeiten von Corona gilt es bekanntlich Abstand zu wahren. Auf dem Boden sind königsblaue Stand-Punkte markiert, der 2-Meter-Abstand dazwischen wird wahlweise von Bannern oder blau-weißem Flatterband überbrückt.
Leitbild achten, Vorstand entmachten
Die Banner und Plakate sind vielfältig und bis auf ganz wenige Ausnahmen über der Gürtellinie: „Leitbild achten, Vorstand entmachten“, „Unser Virus nennt sich Aufsichtsrat“ oder „Clemens, jetzt ist der richtige Zeitpunkt für Deine Weltreise!“ ist dort zu lesen. Auch „Kornelia, danke!“, „Nicht mit unserem S04, Schweinebacke“ oder „Freiheit für alle Schalker und alles Schweine“ und viele andere Tafeln zeigen, dass die Demonstranten das ausschließlich auf den mächtigen Vorsitzenden des Aufsichtsrates zugeschnittene System herzlich satt haben.
Der Wunsch, dass wieder der Verein FC Schalke 04 und nicht die Wünsche und Skandale von Clemens Tönnies in den Mittelpunkt rücken, zieht sich dann auch wie ein roter Faden durch die Gespräche von Blaupunkt zu Blaupunkt. Auch wenn das Corona-Geschehen in Tönnies Fleischfabrik nicht unmittelbar mit Schalke zu tun hat, stößt es vielen Schalkern sehr sauer auf, dass der Kumpel- und Malocherclub zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres mit Schlagzeilen assoziiert wird, die dem Leitbild komplett fern sind. Neben dem Wunsch, Tönnies möge den Weg zu einem echten Neuanfang freimachen, wird auch mehr Empathie und „Leitbildliebe“ seitens des Vorstands angemahnt, Stichwort Härtefallantrag und Mitarbeiterkündigungen.
Banner an der tausend-Freunde-Mauer
Die Stimmung ist sehr friedlich, sogar die vier Gegentreffer in Freiburg werden mit „endlich ist diese Sch….saion vorbei“ stressfrei hingenommen. Die wenigen Polizisten – darunter auch ein älterer Beamter mit Schalke-Maske – haben einen ruhigen Nachmittag. Das einzige kleine Manko ist, dass der „Gesamtüberblick“ zu den anderen Straßen fehlt, aber um kurz nach halb 5 wird eine geschlossene Kette gemeldet. Das gemeinsame Schmettern von „Blau und Weiß, wie lieb ich Dich“ fällt aus, da die Abstände zu groß und näheres Ranrücken infektionsbedingt unerwünscht ist. Dennoch: Ein friedliches, ein gutes Zeichen für unser Leitbild!
Die seit Tagen auf dem Vereinsgelände auftauchenden Riesenbanner haben ebenfalls wieder Zuwachs bekommen: „Schalkes Gremien neu erfinden, System Tönnies überwinden“ und „Ehrenrat ohne Ehre: System Tönnies stoppen“ flankieren entlang der Tausend-Freunde-Mauer das bereits bekannte Leitbildzitat „Der FC Schalke 04 ist und bleibt ein Verein im Sinne des deutschen Vereinsrechts.“ Spannend wird es, wann die Schalker ihre Rechte wieder auf einer Mitgliederversammlung ausüben können – und wie sich dann die Mehrheitsverhältnisse gestalten…