Endlich gesunder Konkurrenzkampf auf Schalke
12. September 2019Das Schalker Lazarett lichtet sich: Mit Ausnahme des frisch am Knie operierten Nabil Bentaleb stehen Cheftrainer David Wagner alle zuletzt angeschlagenen Profis wieder zur Verfügung, dazu mit dem vom FC Barcelona ausgeliehenen Juan Miranda ein weiterer Linksverteidiger. Susanne Hein-Reipen über ein lange vermisstes Luxusproblem…
Mannschaft stellte sich fast von selber auf
In den vergangenen Jahren gab es auf Schalke immer wieder Positionen, die personell so „auf Kante genäht“ waren, dass Spieler selbst dann ranmussten, wenn sie noch nicht hundertprozentig genesen, außer Form oder überspielt waren. Prominentestes Beispiel für solche „alternativlosen“ Kicker ist Daniel Caligiuri, der auf der rechten Seite oft alleine auf weiter Flur war. Auch die Dreierkette war mit Sane, Nastasic und Stambouli gesetzt. Allroundern wie Weston McKennie, eigentlich im defensiven Mittelfeld zuhause, brachten Verletzungsausfälle und die teilweise unausgewogene Zusammenstellung des Kaders komplett neue Positionen von Stürmer bis Linksverteidiger.
Auch in den ersten Saisonspielen stellte sich die Mannschaft bedingt durch Langzeitverletzte und Spätrückkehrer von internationalen Turnieren in der Sonmerpause fast von selber auf, doch jetzt sind Alessandro Schöpf, Mark Uth, Ozan Kabak, Rabbi Matondo und Jonas Carls wieder fit. Für Schöpf reichte es sogar schon wieder zu einem umjubelten Kurz-Comeback beim Heimsieg über Hertha BSC, Uth und Matondo trafen im Testspiel gegen Viktoria Köln. Bei dieser Begegnung konnte auch „Königstransfer“ Ozan Kabak nach der am zweiten Trainingstag erlittenen Knochenreizung über 90 Minuten sein Können zeigen und beweisen, dass er mit enormer Grundschnelligkeit, Präsenz und für sein Alter erstaunliche Übersicht eine ernsthafte Alternative für die beiden Innenverteidigerposten ist.
Konkurrenz belebt das Geschäft
Die Schalkefans dürfen sich daher seit langem wieder einmal auf allen Positionen auf echten Konkurrenzkampf freuen: In der Innenverteidigung wetteifern mit Benjamin Stambouli, Salif Sane, Matija Nastasic und Kabak gleich vier Spieler um die beiden Plätze in der Startelf. Nastasic, der auch in die serbische Nationalelf zurückgekehrt ist, ist dabei der einzige Linksfuß, Stambouli das „Gehirn“, Sane das Zweikampfmonster – kann sich Kabak hier durchsetzen?
Auf links bekommt es Bastian Oczipka, der mit soliden Defensivleistungen in der letzten Saison sowohl Hamza Mendyl als auch Baba ausstach, nunmehr mit Juan Miranda und Jonas Carls zu tun, beide deutlich jünger und schneller als der sympathische 30jährige.
Rechts ergänzen sich Everton-Leihgabe Jonjoe Kenny und „Urgestein“ Daniel Caligiuri bislang sehr gut, der junge Engländer nimmt dem königsblauen Dauerbrenner viel Defensivarbeit ab. Auf der rechten Seite ist aber auch Alessandro Schöpf zuhause, der – wenn er richtig fit ist – regelmäßig einer der laufstärksten Spieler der ganzen Bundesliga und zudem variabel einsetzbar ist. Auch Fabian Reese, eigentlich gelernter Mittelstürmer, zeigte hier in der Vorbereitung solide Leistungen.
Im defensiven Mittelfeld kann Wagner neben Omar Mascarell und Weston McKennie auch Benjamin Stambouli und Suat Serdar aufbieten, auch die beiden Youngster Nassim Boujellab und Münir Levent Mercan kämpfen um Einsätze.
Mehr Möglichkeiten mit Uth
Auch in der Offensive tun sich insbesondere durch die Rückkehr von Mark Uth neue Variationsmöglichkeiten auf: Uth kann sowohl als Mittelstürmer, hängende Spitze oder Zehner agieren, wobei er sich nach eigenem Bekunden im Zentrum am wohlsten fühlt. Dort zeigt aber unter Wagner Amine Harit klar aufsteigende Tendenz, während Guido Burgstaller rackert und rennt, bislang aber in der Liga noch keinen Treffer verbuchen konnte.
Auch Ahmed Kutucu ist in der Offensive vielseitig einsetzbar; ebenso wie Uth lief er in der Vergangenheit bereits als Mittelstürmer, hängende Spitze und offensiver Mittelfeldakteur auf. Das königsblaue Eigengewächs kann zudem auf den Rückhalt der Fans zählen, die den Shootingstar der Rückrunde gerne häufiger in der Startelf sehen würden.
Kutucu ist bei Engpässen auch als Rechtsaußen einsetzbar, wo nunmehr Steven Skrzybski und Matondo um Einsätze kämpfen, ohnehin kein leichtes Unterfangen gegen den nach vorne gerückten Daniel Caligiuri. Auf der linken Seite muss Neuzugang Benito Raman ebenfalls mit Konkurrenz durch Steven Skrzybski rechnen, hinzu kommt Fabian Reese, der jede offensive Spielminute gerne mitnimmt.
Dass es für jede Position im Kader mindestens einen nahezu gleichwertigen Backup gibt, gab es auf Schalke seit mehreren Jahren nicht mehr. Für das kommende Spiel bei Aufsteiger Paderborn hat David Wagner somit die Qual der Wahl; die Fans hoffen, dass der Kampf um die begehrten Stammplätze das Beste aus allen Spielern herauskitzelt!