Elversberg – Schalke 1:4: Fans und Mannschaft feiern geilen Jahresabschluss

Elversberg – Schalke 1:4: Fans und Mannschaft feiern geilen Jahresabschluss

21. Dezember 2024 0 Von Susanne Hein-Reipen

Wer vor 3 Wochen prophezeit hätte, dass die Schalker Fans ihre Mannschaft mit „Schalke ist der geilste Club der Welt“ und Jubelstürmen in die Winterpause verabschieden, wäre mindestens sehr komisch angeschaut worden. Doch die Mannschaft von Chefcoach Kees „Harry“ van Wonderen siegt nach den starken Auftritten in Paderborn und gegen Düsseldorf auch bei Spitzenreiter SV Elversberg souverän mit 1:4 (1:1) und darf feiern. Susanne Hein-Reipen berichtet…  

Da sich die „Ursapharm-Arena an der Kaiserlinde“ noch im Umbau befindet, sind die Auswärtstickets noch knapper und begehrter als sonst. Die Glücklichen, die eins ergattern konnten, trudeln nach Sternfahrten durch die verschneite Eifel bereits am frühen Nachmittag im kalten Saarland ein und sind begeistert von der Freundlichkeit und Bodenständigkeit der „Eingeborenen“: Ob Ordner oder Grillmeister, schwarz-weiße Fans oder Polizisten, alle heißen die Ruhrpottler herzlich willkommen. Curry Schörry und der Gourmet-Grill locken mit leckerem Grillgut, kaltem Bier und heißem Glühwein an gedeckten Tischen. Auch die zwei Tanken unmittelbar über dem Stadion können sich nicht über mangelnden Flüssigkeitsumsatz beklagen.

Lyoner, Aliens, Klatschpappen und Gastfreundschaft

Gut verpflegt machen sich Schalker wie Elversberger einträchtig auf ins Stadion, wo aus der Matschwüste an der Nordseite seit dem letzten Besuch der Schalker eine schicke neue Tribüne entstanden ist, der aber leider noch der letzte Feinschliff und das Dach fehlen. Immerhin: Der Richtkranz hängt. Das etwas kryptisch anmutende Banner „Aliens exist“ entpuppt sich als Marketingslogan einer heimischen Werbeagentur. Mit 9.502 Zuschauern ist das aktuelle Fassungsvermögen voll ausgeschöpft.

Das Securitypersonal ist genauso freundlich wie die Service-Crew, die die berühmten Lyoner Würste über den Tresen reicht. Auf der Haupttribüne dürfen sich zudem alle über eine goldene „Weihnachts-Klatschpappe“ freuen. Die Begrüßung durch den Stadionsprecher ist arg laut, aber herzlich, auch die ersten drei Strophen unseres Vereinslieds „Blau und Weiß, wie lieb‘ ich Dich“ werden gerne genommen.

Beginnend mit dem Torhüterteam der SVE kommen alle Spieler zum Warmmachen auf den Rasen. Der Stadionsprecher spricht allen Schalkern sein Beileid zum Tod von Jupp Schnusenberg aus, dann folgt „Das ist unsere Elv“ vom Band.

Seguin muss passen

Als die Schalker Aufstellung verlesen wird, fehlt der noch auf dem Spielberichtsbogen genannte Seguin, für ihn startet Grüger, ansonsten tritt frei nach „Never change a fighting team“ die Elf aus dem Spiel gegen Fortuna an:  Heekeren, Murkin, Kaminski, Schallenberg, Bulut, Grüger, Bachmann, Antwi-Adjej, Karaman, Aydin und Sylla.

Nach der Hymne der Gastgeber folgt mit doppelt bis dreifacher Lautstärke ihre Aufstellung, dann singen beide Fanlager im Gedenken an die gemeinsame Steinkohlebergbau-Tradition von Saarland und Ruhrgebiet einträchtig das Steigerlied. Die Mannschaften kommen dann zu „Sweet Caroline“ auf den Platz, die „Horda fanatica“ und die heimische Kurve nutzen das für eine kleine Wunderkerzen-Choreo unter dem Motto „Aus Euphorie entstand der Funke des Erfolges“.

Der königsblaue Anhang hinter dem Nordkurve Gelsenkirchen-Banner im provisorischen Gästeblock entrollt derweil Dutzende Fahnen jeder Größenklasse, darunter anlässlich des 5. Todestags auch das große Portrait von Drüse, danach wird eine fast halbstündige Dauerschleife des „neuen alten“ Kurvenlieds „Schalke seit 1904, der Kaiser im Revier“ gestartet.

Karaman trifft

Beide Teams gehen mit offenem Visier in die Partie, bereits in der 5. Minute muss Heekeren gegen Damar beherzt eingreifen. Die Schalker machen es besser: Aydin zu Karaman, der solo losmarschiert und die halbe Elversberger Abwehr stehenlässt und an Kristof vorbei zur umjubelten 0:1-Führung einnetzt (11.).

Die erste gelbe Karte des Spiels geht ebenfalls an Schalke, weil Murkin direkt zwei Elversberger ummäht (14.), der folgende Freistoß bringt nichts ein. Ein Kopfball von Karaman geht an den Arm von Rohr, doch die Pfeife von Schiedsrichter Weisbach schweigt. Auf der Gegenseite lenkt Heekeren einen wuchtigen Linksschuss von Neubauer ins Toraus (19.).

Heekeren patzt

Wenige Minuten später sieht der Schalker Keeper weniger gut aus: Nach Zuspiel von Zimmerschied zieht Elversbergs Kapitän Sickinger zentral von der Strafraumgrenze ab – Heekeren lässt diesen Ball durch die Finger flutschen und es steht 1:1 (25.). Auch wenn seine Mannschaftskameraden den Unglücksraben sofort trösten, ist ihm der Frust über seinen Klops deutlich anzusehen.

Der Gästeanhang schaltet sofort wieder in den Vorwärtsgang und stimmt „Auf geht‘s Schalke kämpfen und siegen!“ und eine Dauerschleife von „Immer, wenn Du spielst…“ an. Ein Schuss von Aydin geht knapp neben das Tor (28.); das Eigengewächs geht verschiedentlich so engagiert in die Zweikämpfe, dass es Szenenapplaus gibt. Auch Buluts Distanzschuss segelt am Kasten vorbei (39.).

Kurz vor der Pause ist erstmals der S-V-Eeee-Wechselgesang hörbar, nachdem Asllani einen aussichtsreichen Konter knapp über die Latte gesetzt hat (43.). Auf der anderen Seite verfehlt ein Kopfball von Kaminski nach Bulut-Flanke das Tor knapp, so dass es nach einer Minute Nachspielzeit mit dem leistungsgerechten 1:1 in die Kabinen geht.

Vorhang auf für ein kleines bisschen Schalke-Show

Die mitgereisten Schalker sind bis auf Heekerens Patzer mehrheitlich zufrieden mit dem Auftritt beim Spitzenreiter. Maskottchen Paul Panda herzt sich durchs Publikum, während sich zwei Kinder beim Halbzeitspiel nach der Manier von „Dalli Klick“ im Spieler erraten üben. Auf der Haupttribüne muss ein Zuschauer nach Behandlung durch Notarzt und Sanitäter zum Rettungswagen abtransportiert werden.

Mit „Feliz navidad“ vom Band und einer herzhaften „Attacke“ aus dem Gästeblock geht es in den zweiten Durchgang, beide Mannschaften bleiben zunächst personell unverändert. Zehn Minuten lang passiert außer einer stimmungsvollen Performance des „Königsblauen S 04“ mit hochgereckten Schals und „Geh‘n mit Dir auf jede Reise“ herzlich wenig, dann taucht der bis dato nahezu unsichtbare Sylla im Strafraum auf und köpft eine schöne Flanke von Murkin lehrbuchmäßig zum 1:2 in die Maschen (55.). Der Jubel beim Schalker Anhang und den davor platzierten Ersatzspielern ist riesig.

Schallenberg und Sylla zum Schalker Weihnachtsmärchen

Kurze Zeit später reklamiert Damar einen Foulelfmeter, aber Schiedsrichter Weisbach bewertet Aydins Einsatz korrekterweise als regelgerecht. Ersatzkeeper Boss meckert Weisbach für diese Entscheidung so heftig an, dass er sich ohne Einsatz eine gelbe Karte anheften darf (58.).

Kalas kommt für den leicht angeschlagenen Bachmann (60.). Schalke ist nun die bessere Mannschaft und hat durch Aydin eine weitere gute Einschussmöglichkeit, aber Schmahl blockt seinen Abschluss in höchster Not zur Ecke (61.).

Belohnt wird der Schalker Vorwärtsgang in der 67. Spielminute: Sylla fängt einen Fehlpass von Petkov ab und verlängert zu Sturmpartner Karaman. Der hängt zwei Gegenspieler ab und serviert eine butterweiche Flanke au den Kopf von Schallenberg, der mühelos zum 1:3 einnicken kann. Der S 04 ist wieder da-ha…

Beide Trainer schicken nun frisches Personal ins Rennen, Horst Steffen ersetzt Zimmerschied durch Gerezgiher, bei Königsblau dürfen Donkor für Antwi-Adjej und Gantenbein für Aydin mitmischen. Kurze Zeit später kommt noch Schnellbacher für Schmahl.

Dem Gästeblock scheint jetzt stimmungsmäßig die Sonne aus dem Popo, begeistert werden „Uns‘re Fahnen weh‘n im Wind, weil wir deutscher Meister sind“ und „S04 nur mit dir“ zelebriert. Sylla setzt dem Schalker Weihnachtsmärchen dann das Sahnehäubchen auf und befördert eine Hereingabe von Gantenbein mit einem trockenen Rechtsschuss zum 1:4 ins lange Eck (75.). Ist. Datt. Schön!

Schalke ist der geilste Club der Welt!

Das Spiel ist nun entschieden, außer einigen Wechseln (Hamache für Murkin, Höjlund für Karaman sowie Feil für Petkov und Stock für Damar) und zwei gelben Karten für Pinckert und Baum für Frustfouls passiert nicht mehr viel. Genug Zeit für die königsblauen Fans, sich durch „Wir komm‘n vom Berger Feld“, „Schalke nur du alleine“, den Mythos und „Schalke ist der geilste Club der Welt“ zu singen.

Der Abpfiff versinkt komplett im Jubel, danach ist Party angesagt. „Der FC Schalke wird deutscher Meister und wir holen den Pokal“ und eine leicht modifizierte Version von „Kling Glöckchen“ –  Kling Glöckchen klingelingeling, kling Glöckchen kling, keiner soll es wagen, Schalke je zu schlagen, alle soll‘n es wissen, Dortmund ist…“ sind angesagt, während sich die Mannschaften auf dem Feld abklatschen. Der sonst so zurückhaltende van Wonderen sprintet völlig losgelöst zu seinen Töchtern auf der Gegengeraden.

Als die Helden der letzten drei Spiele dann endlich vor den Block treten, wird gemeinsam gefeiert – alle sind glücklich, dass der Umschwung geschafft und (hoffentlich) die Weichen für eine bessere Rückrunde und Zukunft gestellt sind. Auf geht’s Schalke kämpfen und siegen!

Während die Schalker restlos zufrieden die Heimreise antreten, werden auch die Gastgeber von ihren Fans für eine tolle Vorrunde gefeiert. Die SVE bleibt mit 28 Punkten Spitzenreiter und potentieller Herbstmeister, kann aber noch von Köln und Paderborn überholt werden. Schalke klettert mit nunmehr 20 Punkten und nahezu ausgeglichener Torbilanz (32:33) auf Rang 12.

Allen Schalkern, allen Fußballfans ein friedliches und gesundes Weihnachtsfest! Ab dem 18. Januar werden wir sehen, wohin der Weg die wundersam erwachte und zusammengewachsene Schalker Mannschaft führt…