Schalke – Hertha 2:2: Fragwürdiger Elfer kostet zwei Punkte

Schalke – Hertha 2:2: Fragwürdiger Elfer kostet zwei Punkte

6. Oktober 2024 0 Von Susanne Hein-Reipen

Der FC Schalke 04 dreht das Heimspiel gegen Hertha BSC nach einem frühen Rückstand, muss dann jedoch durch einen sehr zweifelhaften Elfer das 2:2 hinnehmen. Im Stadion ist auch der designierte neue Trainer Kees van Wonderen. Susanne Hein-Reipen über einen interessanten Fußballabend auf Schalke…

Zweitligatopspiel am späten Samstagabend und allerfeinstes goldenes Herbstwetter, das bedeutet bereits früh viele gutgelaunte Schalker an den einschlägigen Treffpunkten. Meistdiskutierteste Frage ist klar „wer wird wohl unser neuer Chefcoach?“.

Zweistelliger Sieg

Beim Fanspiel schlägt der Fanclub Deutsches Eck Koblenz die Knappen von R-W-B Letzeburg, dann steht das „Minimatch“ der Schalker U11-Mädels gegen die U11-Herthanerinnen an. Nach einem herzhaften „Ha ho he Hertha BSC“ verstummt der Gästeblock sehr schnell wieder, denn die kleinen Schalkerinnen machen kurzen Prozess und fertigen ihre Gegnerinnen mit 11:0 ab. Besonders auffällig ist Torjägerin Nele mit der Nr. 9 – „bestimmt eine Tochter von Terodde“ grinst ein Schalker. Reichlich Applaus und eine königsblaue Welle ist den Mädels sicher.

Das Quatscherduo Dirk und Jörg kann wieder zahlreiche Gastevents in der Veltins-Arena ankündigen, so geben neben Shaktar Donezk u. a. Bruce Springsteen, Iron Maiden, Olé auf Schalke, die 80er Party und Pur ihre Visitenkarten ab und bringen hochwillkommene Zusatzeinnahmen.

Die Torhüter beider Mannschaften werden vom jeweiligen Anhang freundlich begrüßt; im Vorprogramm gibt’s einen kleinen Rückblick auf 50 Jahre Basketball auf Schalke und Sebastian „Bunti“ Buntkirchen präsentiert die Mobilitätsumfrage „Wie kommse auf Schalke?“, mit deren Ergebnissen der Verein gerne etwas in puncto Klimaneutralität tun möchte. Die Heimbilanz gegen die alte Dame aus der Hauptstadt ist mit 31 Siegen, 9 Remis und 10 Niederlagen gut.

Schalke, in meinen Träumen seh‘ ich Dich siegen…

Die Nordkurve groovt sich derweil mit einem neuen Kurvensong ein,

„Schalke, in meinen Träumen seh‘ ich dich siegen und zwar in ganz Europa

Schalke, in meinen Träumen bist du ganz oben und nie mehr zweite Liga“

geht gut ins Ohr und trifft wohl die Gefühlslage der allermeisten Schalker… Die Aufstellung der Gäste wird kurz und schmerzlos verlesen, dann wird die Arena abgedunkelt und das Steigerlied geschmettert, ein Ritual, das auch in der x.ten Wiederholung nicht sein Gänsehautpotential verliert.

Es folgt die Schalker Aufstellung; Interimscoach Jakob Fimpel vertraut mit Heekeren, Mohr, Bulut, Kalas, Murkin, Schallenberg, Grüger, Antwi-Adjei, Younes, Sylla und Karaman mit nur einer Änderung (Antwi-Adjei für Aydin) der siegreichen Elf von Münster.  

Früher Rückstand durch Torwartfehler

Nach dem Vereinslied „Blau und Weiß, wie lieb ich Dich“ kommen die Mannschaften auf den Platz. Shakehands und Seitenwahl werden akustisch untermalt vom Wechselgesang Schalke!-Nullvier! zwischen Nord und Südkurve und einigen „Komplimenten“ Richtung Gästeblock, dann führen Karaman und Sylla den Anstoß aus. Der Ball rollt!

Der mit rund 5.200 Herthanern gutgefüllte Gästeblock ist laut und zeigt eine kleine Auswärtschoreo „Uff Achse“, aber die Nordkurve ist natürlich lauter und lässt mit „Für deine Farben leben und sterben wir“ keine Zweifel aufkommen, wer hier die akustische Lufthoheit hat. Mit 61.939 Zuschauern und einigen aus Sicherheitsgründen gesperrten Plätzen ist die Hütte voll.

Auf dem Rasen geht es ebenfalls von Beginn an engagiert zu Werke, M. Dardai attackiert Karaman und sieht dafür eine frühe erste Gelbe, Maza trifft Schallenberg, der kurz behandelt werden muss (2.). An der Seitenlinie lebt Fimpel jeden Spielzug engagiert mit. Die erste Großchance geht an Schalke, über Antwi-Adjei kommt das Leder zu Sylla, dessen Rechtsschuss den Kasten nur äußerst knapp verfehlt (6.).

Die Nordkurve stimmt „Eine Stadt erstrahlt in Blau“ an, wird jedoch jäh unterbrochen, denn Heekeren lässt einen bereits sicher geglaubten Schuss von Cuisance nach Vorarbeit des Exschalkers Kenny durch die Hosenträger flutschen und es steht 0:1 (9.). Leider ein klarer Torwartfehler, der die ohnehin schwelende Diskussion weiter befeuert, auch wenn Murkin in der Verteidigung gegen Cuisance ebenfalls unglücklich aussah.

Schalke dreht das Spiel

Zum Glück berappeln sich sowohl die königsblauen Fans als auch die Mannschaft schnell wieder, „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid“ und „Auf geht‘s Schalke schieß‘ ein Tor“ sind angesagt und Schallenberg (12.) und Younes (17.) bemühen sich, den Wunsch zu erfüllen. Der „Vollzug“ ist dann jedoch Kapitän Karaman vorbehalten, der eine mehr als gelungene Kombination vollendet: Mohr legt von links in die Mitte zu Karaman, der spielt mit Younes einen sauberen Doppelpass und schlenzt den Ball gekonnt zum 1:1-Ausgleich in den Winkel (24). JAAAAAA!

Der Support der Heimfans wird nunmehr noch lauter, „Attacke“ und „Geh‘n mit dir auf jede Reise“ sind angesagt. Es gibt eine kurze Schrecksekunde, als Karaman behandelt werden muss, aber er kann weiterspielen (30.).

Dann darf wieder gejubelt werden: Murkin marschiert an der linken Grundlinie in den Strafraum und gibt den Ball in die Mitte, wo der heranrauschende Mohr mit links knallhart abzieht und zur 2:1-Führung einnetzt (33.). Wir lieben alle nur den FC Schalke, unsren Kumpel- und Malochercluuuuub…

Kees van Wonderen neuer Cheftrainer?

Die Laune ist jetzt blendend, dennoch verlagert sich die Aufmerksamkeit kurzzeitig vom Spielgeschehen auf Smartphones und in die Vorstandsloge, denn dort wird Kees van Wonderen mit Christina Rühl-Hamers gesehen. Das Anforderungsprofil „spricht deutsch und kann junge Spieler entwickeln“ passt jedenfalls gut, denn van Wonderen gewann als Trainer der holländischen U 17 schon die Europameisterschaft.

Auf dem Rasen gibt es weitere Schalker Vorstöße durch Murkin (35.) und Bulut (41.), für Hertha gibt Scherhant aus spitzem Winkel einen Schuss ab (43.), doch Heekeren ist ebenso auf dem Posten wie beim nachfolgenden Versuch von Maza (45.). Die dreiminütige Nachspielzeit erbringt erfreulicherweise kein Gegentor; allerdings geraten Karaman und Zeefuik aneinander und sehen beide Gelb, dann geht es mit Applaus in die Kabinen.

In der Fanbox liegt das Durchschnittsalter bei ungefähr 10 Jahren, was der Stimmgewaltigkeit aber keinen Abbruch tut. Für die Abteilung Fanbelange plaudert Thomas Kirschner u. a. über die Fußballkulturtage, eine Lesung von Christoph Ruf am 11.10., das Testspiel in Aarau und die Knappenkids-Auswärtsfahrt nach Hannover. An den Bierständen dominiert weitgehende Zufriedenheit mit dem ersten Durchgang und dem mutmaßlichen neuen Trainer, denn „mit Holländern hamwa doch meistens Glück gehabt!“

Tempelmann ist wieder da

Beide Mannschaften kommen personell unverändert wieder aufs Feld, lautstark begrüßt mit „Schalke nur Du alleine“. Klemens beharkt Younes und muss behandelt werden, Gelb gibt es gratis obendrauf (48.). Einige Minuten und eine Trompeten-Attacke später reiht sich auch Thorsteinsson in die Liste der Gelbsünder ein, nachdem er Antwi-Adjei im Mittelfeld unnötig umlegt (53.). Kalas klärt gegen Maza (54.).

Aus der Nordkurve ertönt nunmehr „Wir komm‘n vom Berger Feld, Malocher ohne viel Geld“, auf dem Rasen muss Heekeren nach einem Tritt von Scherhant am Knöchel behandelt werden und beißt danach sichtlich auf die Zähne (56.). Als ersten Wechsel darf Tempelmann nach langer Pause sein Comeback feiern und ersetzt Antwi-Adjej (60.), der auch umgehend einen Schalker Vorstoß über Sylla einleitet.

Hertha wirkt in dieser Phase etwas angriffslustiger und kommt über Klemens (64.) und Cuisance (67.) vor das Schalker Tor, zusätzlich bringt Coach Fiel mit Prevljak für Maza und Niederlechner für Scherhant zwei weitere Offensivkräfte (69.).

Fragwürdiger Elfer zum Ausgleich

Die Nordkurve supportet ununterbrochen weiter, „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid“, der Wechselgesang und „Immer wieder S 04“ hallen durch die Arena.

Dann ereignet sich die Streitszene des Abends: In einem Zweikampf zwischen Schallenberg und Klemens im Strafraum geht der Berliner zu Boden, Schiedsrichter Bauer zeigt trotz lautstarker Proteste der Schalker auf den Punkt, ohne sich die Szene wenigstens noch einmal anzuschauen – denn dann hätte er gesehen, dass Schallenberg zunächst klar den Ball und dann Klemens‘ Fuß trifft. Dieses Geschenk lässt sich Joker Prevljak nicht entgehen und verwandelt souverän zum 2:2 (72.).

Fimpel reagiert postwendend und wechselt Höjlund und Donkor für Sylla und Younes (73.) ein. Donkor sagt mit einer herzhaften Grätsche und Gelb guten Abend (74.); bei Hertha kommt P. Dardai kommt für Thorsteinsson. Aus der Kurve wird erneut „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid“ gefordert, aber beide Teams scheinen mit dem Punkt leben zu können und kein großes Risiko mehr eingehen zu wollen. Heekeren klärt zweimal gegen den agilen Cuisance (82., 85.), Murkin sieht Gelb für unnötiges Ballwegschlagen (86.) und Lasme darf noch einige Minuten für Grüger ran, dessen erneut sehr ordentliche Leistung mit einem Extraapplaus belohnt wird (87.).

In der 04minütigen Nachspielzeit passiert außer einem Abschluss aus spitzem Winkel durch Höjlund, den Ernst zur Seite abwehren kann, nicht mehr viel und so endet das Spiel mit einer 2:2-Punkteteilung.

Als 13. in die Länderspielpause

Schalke geht mit nunmehr 8 Punkten aus 8 Spielen auf Platz 13 in die Länderspielpause, Hertha steht mit 11 Punkten auf Rang 9. Den Gesichtern nahezu aller Spieler ist anzusehen, dass sie nicht glücklich über die Punkte-Ausbeute sind, auch wenn das Unentschieden nach dem Spielverlauf durchaus leistungsgerecht ist.

Fimpel textet im Spielerkreis noch einmal sehr lebhaft auf die Spieler ein, er darf auf 04 Punkte aus zwei Spielen durchaus stolz sein. Der Gang in die Kurve fällt sehr kurz und für königsblaue Verhältnisse unspektakulär aus, es gibt weder Pfiffe noch sonderlich viel Applaus, nur die Aufforderung „Auf geht’s Schalke kämpfen und siegen!“.

In zwei Wochen geht es mit einer satt fünfstelligen Zahl Schalkern nach Hannover, man darf gespannt sein, wie die Mannschaft unter dem neuen Cheftrainer dort auftritt…