Elversberg – Schalke 1:1: Mission Klassenerhalt geht weiter!
20. April 2024Der FC Schalke 04 sammelt beim 1:1 (1:0) bei der SV Elversberg ein weiteres Pünktchen gegen den Abstieg. Vor ungewohnt kleiner Kulisse erzielt Joker Topp den Ausgleich; Keeper Müller hält den Punkt fest. Susanne Hein-Reipen berichtet aus dem Saarland…
Wenn Schalker könnten, wie sie wollten, hätte Elversberg an diesem Abend eine königsblaue Invasion ungeahnten Ausmaßes erlebt: Rund 15.500 Auswärtsticketanfragen registrierte Schalke für das Spiel – leider hat Elversberg nur knapp 13.000 Einwohner und in die „Ursapharm-Arena an der Kaiserlinde“ passen nur 10.000 Zuschauer rein, zudem ist die nördliche Seite noch eine Baustelle.
Tankstellen, Lyoner und das Steigerlied
Nun sind Schalker bei der Ticketbeschaffung bekanntlich erfinderisch, vor allem, wenn ein komplett neuer Ground lockt und so rollt trotzdem eine nette Karawane ins Saarland. Verkehrstechnisch geht schon zwei Stunden vor dem Spiel fast nix mehr, aber die Elversberger erweisen sich vom Heimfan über den Ordner bis zum Service-Mitarbeiter als freundlich und hilfsbereit. Zwei Aral-Tankstellen direkt hinter der Haupttribüne sorgen dafür, dass vor dem Spiel keiner verdurstet; im Stadion selber steigt die „Lyoner im Weck“ sofort in die TopTen der internationalen Stadionwurst-Skala auf. Lecker!
Auch Stürmerlegende Klaus Fischer hat sich auf den Weg ins Saarland gemacht und lächelt freundlich für Dutzende Selfies. Während sich die Mannschaften warmmachen, entrollen die heimische „Horda Fanatica“ und die UGE ihre Zaunfahnen und das große „NORDKURVE“-Transparent, aus den reichlich hochgedrehten Lautsprechern ertönt „Das ist unsere Elv“. Die Schalker Aufstellung mit Müller, Murkin, Kaminski, Kalas, Soppy, Schallenberg, Ouwejan, Seguin, Karaman, Kabadayi und Terodde wird ohne Pfiffe seitens der Heimkurve verlesen.
Nach der SV-Hymne dann eine gelungene Überraschung: Als Reminiszenz an die gemeinsame Steinkohletradition von Saarland und Ruhrgebiet marschiert eine vielköpfige Bergmannnskapelle mit dem Steigerlied ein, wobei Mitschmettern zur Überraschung der Königsblauen eher unüblich zu sein scheint.
Im Glanz der zweiten Liga
Nach der Aufstellung der Hausherren gibt’s noch „Sweet Caroline“; Maskottchen Paul Panda herzt sich derweil durch das Stadion und gewinnt auch die Herzen einiger Schalker Kids. Zum Einlauf der beiden Teams präsentiert der heimische Stehblock eine kleine silber-schwarze Choreo „Die SVE im Glanz der zweiten Liga“.
Auf den „Glanz“ des Abstiegskampfes in Liga 2 könnte der Schalker Anhang zwar sehr gut verzichten, legt aber trotzdem mit „Hurra hurra, die Schalker die sind da“ und „Immer wenn du spielst…“ lautstark los. Nach dem ersten Abtasten setzt Karaman in der 6. Minute ein erstes Ausrufezeichen, sein Schuss lässt die Querlatte beben. Der erste aussichtsreiche Vorstoß der SVE datiert aus der 10. Minute, doch Kalas kann den Schuss von Martinovic vor der Torlinie abfangen. Ess! Null! Vier!
Abwehrpatzer bringt wieder frühen Rückstand
Zwei Ecken für Schalke bringen nichts Verwertbares ein; die beiden Fanblöcke duellieren sich akustisch mit der Attacke und „Auf geht‘s Blau-Weiß, holt euch den Sieg für uns“ gegen „SVE ohohoooo“. Müller blockt reaktionsschnell einen Tunnelversuch von Rochelt, der Nachschuss von Wanner bleibt an Schallenberg hängen (17.).
Die nächste Abwehraktion gelingt dann leider weniger gut: Ein Freistoß von Rochelt landet bei Le Joncour, dessen Bewacher Kaminski sich gerade nicht angesprochen fühlt. Auch die übrige Schalker Defensive ist nicht wirklich auf der Höhe und der Franzose darf sich unbedrängt die Ecke aussuchen, das 1:0 in der 18. Spielminute.
Der Gästeblock schüttelt sich einmal kurz und supportet lautstark mit „Schalala Schalke“ und „Um die halbe Welt sind wir gefahr’n“ weiter, auf dem Rasen bleibt die SVE präsenter und taucht durch Fellhauer (19.), Wanner (27) und Neubauer (32.) wiederholt im Schalker Strafraum auf. Die heimischen Fans unterstützen derweil mit einem SVE-Wechselgesang zwischen Fanblock und Haupttribüne die Bemühungen, bevor der Gästeblock mit „Für Deine Farben“ und „Wenn wir uns‘re Stimme heben, sollst Du immer alles geben“ wieder die akustische Lufthoheit gewinnt.
Hoffnung auf die zweite Halbzeit
In den Minuten vor der Pause kommt Schalke wieder besser ins Spiel. Eine Kopfballaktion von Kalas nach Ecke von Ouwejan wird wegen angeblichen Stürmerfouls abgepfiffen (35.), anschließend setzt der sehr agile Kabadayi einen Flugkopfball neben den Kasten (38.). Wenig später können sich die Gastgeber bei Keeper Kristof bedanken, der einen Kopfball des freistehenden Karaman abwehrt (40.). Mit einer Minute Nachspielzeit geht es mit der 1:0 Pausenführung für die SVE in die Kabinen.
Das Pausenprogramm ist wie bereits das Vorprogramm unaufdringlich und hausgemacht, statt penetranter Werbung werden einige T-Shirts ins Publikum geschossen und es werden Grüße aller Art der SVE-Fans verlesen. Der königsblaue Anhang hofft derweil auf Halbzeit 2 und registriert erfreut, dass sich Keke Topp für die Einwechslung bereitmacht.
Etwas überraschend verlässt für den Youngster nicht wie vermutet Kaminski, sondern Murkin das Feld, denn der englische Kämpfer ist angeschlagen. Dadurch rutschen Ouwejan und Kabadayi etwas nach hinten. Der Auswärtsblock startet derweil eine ausdauernde Schleife von „Wir komm‘n vom Berger Feld“.
Joker Topp sticht prompt
Topp geht sichtbar hochmotiviert zur Sache. Ein Sprint hinter einem langen Ball her bringt Szenenapplaus und einen Bauchklatscher auf den vom Regen bis kurz vor dem Anpfiff klatschnassen Rasen (49.), dann schickt er eine schöne Flanke in den Strafraum (50.), wo leider kein Mitspieler weit genug aufgerückt ist. Ein Kopfball von Topp wird noch Beute von Kristof (54.), dann ist es soweit: Eine Karaman-Flanke segelt in den Strafraum, die Elversberger Abwehr ist am ersten Pfosten mit Terodde beschäftigt, dahinter muss Topp nur noch den linken Fuß hinhalten und setzt das Leder zum 1:1-Ausgleich in die Maschen. JAAAAAA!
SVE-Coach Steffen reagiert sofort und ersetzt Feil durch Pinckert, Müller klärt weit vor seinem Tor gegen Martinovic (63.). Der Gästeblock hat durch das Ausgleichstor weiteren Auftrieb bekommen und schickt eine Attacke, „Auf geht‘s Schalke kämpfen und siegen“ und „Geh‘n mit dir auf jede Reise“ in den zunehmend blaueren Elversberger Abendhimmel.
Faghir und Dürholtz ersetzen Martinovic und Jacobsen (67.), während sich der Schalker Anhang ein wenig über die offizielle Zuschauerzahl von 9.502 amüsiert. Doch alle Witzchen über Dorfvereine ändern rein gar nichts daran, dass man sportlich auf Augenhöhe ist, was angesichts der Vergangenheit kein Ruhmesblatt für Schalke ist.
Eine gerechte Punkteteilung
Faghir rennt aus klarem Abseits frei auf Müller zu, der natürlich cool wie ein Eiswürfel stehenbleibt und den Dänen damit so verunsichert, dass er den Ball völlig versemmelt, bevor der überfällige Pfiff ertönt (70.). Wenig später darf sich der Schalker Keeper dann bei der Querlatte bedanken, denn den Schuss von Wanner hätte er nicht mehr erreicht (71.).
Zu „Schalke, ich bin für Dich geboren“ greift dann auch Karel Geraerts zu einem Doppelwechsel, Terodde und der sichtbar ausgepumpte Soppy verlassen das Spielfeld, für sie kommen Lasme und van der Sloot (75.). Beide Mannschaften suchen noch einmal den Weg nach vorne, doch sowohl Topps Distanzschuss (76.) noch als auch Rochelts Vorstoß (81.) werden durch gute Reaktionen der beiden Keeper vereitelt.
Danach ist ein wenig die Luft raus und die restlichen Spielminuten einschließlich der dreiminütigen Nachspielzeit verlaufen bis auf einen weiteren Doppelwechsel der SVE – Boyamba und Koffi für Rochelt und Wanner – weitgehend ereignislos. Es bleibt bei der nach dem ausgeglichenen Spielverlauf angemessenen Punkteteilung.
Ein weiterer Punkt für den Klassenerhalt
Schalke bleibt durch das Remis mit nunmehr 36 Punkten auf Rang 12; die SVE steht 4 Punkte und zwei Plätze besser dar. Positiv ist, dass ein Rückstand aufgeholt wurde und nunmehr vier Spiele ohne Niederlage zu Buche stehen, spielerisch ist immer noch reichlich Luft nach oben.
Die Schalker Spieler formieren sich kurz zum Mannschaftskreis, bevor es vor die Kurve geht, wo ihr „Schalke, ich bin für Dich geboren“ und „Auf geht’s Schalke“ kämpfen und siegen“ entgegenschallt. Danach kommen Karaman, Kabadayi und Müller rüber auf die andere Seite, wo kein Zaun, kein Graben sie daran hindern, Bekannte und Familie zu begrüßen. Insbesondere Müller nimmt sich viel Zeit, die guten Wünsche auch der Fans entgegenzunehmen.
Auch die „Elv“ wird von ihren Anhängern gefeiert, anschließend streben beide Fanlager friedlich Seite an Seite den Ausgängen zu und kaufen die Tankstellen leer. Ein purer und letztlich gelungener Fußballabend geht zu Ende.