Schalke – Braunschweig 1:0: Müller hält, Karaman trifft und Schalke bejubelt 3 Bigpoints
3. Februar 2024Der FC Schalke 04 gewinnt das Kellerduell gegen Eintracht Braunschweig dank eines schönen Treffers von Kenan Karaman verdient mit 1:0 (0:0) und verschafft sich etwas Luft im Abstiegskampf. Marius Müller, für den zuletzt glücklosen Ralf Fährmann ins Tor zurückgekehrt, liefert die erhoffte Kaltblütigkeit. Susanne Hein-Reipen über einen nervenaufreibenden Nachmittag mit königsblauem Happy-End…
Manchmal geschehen tatsächlich noch Zeichen und Wunder: Am Eingang Ost 1 sind genug weibliche Security-Mitarbeiterinnen am Start, so dass die Schalkerinnen schneller sicherheitsgecheckt werden als ihre männlichen Begleiter, statt sich in laaaange Schlangen vor zwei oder drei Ordnerinnen einzureihen. Geht doch!
Torwartwechsel der nächste
Im Vorprogramm gibt’s neben dem Fanspiel und närrische Tollitäten die feierliche Verleihung des diesjährigen Ernst-Alexander-Preises an den SSV Buer für seinen unermüdlichen Einsatz für Integration und Toleranz. Anschließend berichten Susanne Franke von der Schalker Fan-Ini und Markus Mau vom Fanprojekt über den Diskussionsabend mit Prof. Wilhelm Heitmeyer zum Thema „Ist die Demokratie gefährdet?“
Thema Nummer 1 bei den Schalkefans, die der Partie entgegenfiebern ist jedoch die Aufstellung beziehungsweise der Torwartwechsel, der sich nach zuletzt zwei unglücklichen Auftritten von Ralf Fährmann abgezeichnet hatte: Karel Geraerts setzt auf Marius Müller in der Startformation, der am Saisonbeginn bis zu seinem Adduktorenabriss im Spiel gegen Magdeburg gute Leistungen abgeliefert hatte. Vor Müller agieren zunächst Matriciani, Kalas, Kaminski, Murkin, Seguin, Schallenberg, Churlinov, Idrizi, Karaman und Terodde. Neuzugang Soppy muss ebenso wie Youngster Topp auf der Bank Platz nehmen.
Auf geht’s Schalke kämpfen und siegen
Bei Begrüßung der Gäste gibt’s einen deutlichen Extraapplaus für Lincoln, der an guten Tagen am Ball zauberte wie nur wenige andere auf Schalke. Auch Ex-Keeper Oli-Reck stattet der Arena mal wieder einen Besuch ab.
Nach ein bisschen Statistik – Terodde hat in 12 Spielen gegen Braunschweig 9mal getroffen, die Heimbilanz ist mit 11 Siegen, 6 Remis und 8 Niederlagen noch ausbaufähig – gibt’s die Braunschweiger Aufstellung mit dem Ex-Schalker Tauer in der Startelf, Sidi Sané sitzt auf der Bank. Mit 61.219 Zuschauern, darunter handgezählte 5.242 Gästefans plus 500 gesperrte Plätze ist die Arena prima gefüllt.
Die Nordkurve ölt mit „Auf geht’s Schalke kämpfen und siegen“ die Stimmen, dann folgt das Steigerlied, angesichts der frühen Anstoßzeit heute ohne die beliebte Verdunkelung. Bei der Schalker Aufstellung kassieren neben Müller auch „Mentalitätsmonster“ Churlinov und „Fußballgott“ Matriciani Sonderapplaus. Noch kurz die Südkurve mit dem Wechselgesang Schalke! – Nullvier! aufgeweckt, dann marschieren die Mannschaften zu den Klängen des Vereinslieds „Blau und Weiß, wie lieb ich Dich“ ein und schwören sich auf das Spiel ein.
Angst essen Seele auf
Die Gäste starten nach zuletzt vier Siegen in Folge mit breiter Brust und haben durch eine saubere Hereingabe von Kaufmann bereits früh die erste Torannäherung (2.). Den Schalker Spielern ist trotz lautstarker Unterstützung der Nordkurve mit „Schalke nur du alleine“, „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid“ und „Für deine Farben leben und sterben wir“ die Nervosität zunächst sehr deutlich anzumerken. Den ersten Torschuss gibt Churlinov ab (5.), Terodde setzt eine scharfe Flanke von Idrizi über den Kasten (10.).
Der gut gefüllte Gästeblock präsentiert sich in der ersten Viertelstunde komplett frei von Tifomaterial, erst dann kommen die Zaunfahnen ins Spiel. Die Nordkurve beteiligt sich wie üblich nicht am Supportboykott, hat aber vorab mit einem großen Banner „Nein zu Investoren in der DFL – Transparente Neuabstimmung jetzt!“ ihren Standpunkt deutlich gemacht.
Keine Tore im ersten Durchgang
Dann heißt es kurz Luft anhalten: Philippe taucht nach einem Steilpass vor Müller auf und legt quer zu Gomez, Murkin kann den Ball in allerletzter Sekunde weggrätschen und wird als Dank von Müller herzhaft an die Brust gedrückt (16.). Auf der Gegenseite zeigt Hoffmann nach einem Kopfball von Kaminski eine Glanzparade (20.). Die beiden Fanblöcke liefern sich derweil ein kleines Gesangsduell; auch wenn „Schalke, ich bin für Dich geboren“ letztlich lauter ist als „Eintracht! Hurra, hurra, die Eintracht die ist da“ gehören die Löwenfans zu den besten Auswärtsfans, die nicht nur in der zweiten Liga auf Schalke vorstellig werden. Mit echten Gegnern statt Opfern wie bei den Retortenclubs macht Support deutlich mehr Spaß!
Schalke malocht sich nun zunehmend besser in die Partie und kann über Terodde (22.), Karaman (26.) und Idrizi (30.) weitere Vorstöße verbuchen. Die beste Chance der ersten Halbzeit geht auf das Konto von Karaman, der einen Knaller von der linken Strafraumkante mit Schmackes an die Unterkante der Latte setzt (34.), von wo aus das Leder an Freund und Feind vorbei wieder aufs Feld titscht. Schade!
Bis zum Halbzeitpfiff passiert in den Strafräumen trotz der erneuten energischen Aufforderung „Steht auf“ und drei Minuten Nachspielzeit wenig, weswegen es zum Pausentee auch vereinzelte Pfiffe setzt.
Die Macht von der Oker macht sich unbeliebt
In der Pause gibt’s traditionell Fanbox und Fanbelange-Talk, dieses Mal mit einem Rückblick auf die Gedenkstättenfahrt nach Westerbork, die Aktion „Dein erstes Spiel auf Schalke“, die Mitfahrbörse – Bahnstreik sei Dank mit bereits über 4.000 registrierten Schalkern – und das kommende Auswärtsspiel bei Holstein Kiel.
Die Schalker kommt als erste wieder auf den Rasen und schwören sich erneut im Kreis ein – und legen dann los wie die Feuerwehr: Karaman setzt sich auf der rechten Seite durch und bedient Terodde, der im ersten Anlauf Ivanov abschießt und den zweiten neben das Tor setzt (46.).
Während Ivanov mit Brummschädel im Fünfmeterraum liegt, gibt’s eine wenig feinfühlige Aufforderung der Nordkurve zum Aufstehen; danach lässt der Gästeblock mit etlichen Rauchtöpfen, Fahnen und Luftballons unter dem Motto „Eintracht Braunschweig, die Macht von der Oker“ optisch etwas die Muskeln spielen. Nicht gut an kommt dabei neben der dominierenden Farbe Gelb ein der Anzeigentafel im Parkstadion nachempfundenes Banner, das mit der Aufschrift „FC Scheisse 04 – E. Braunschweig 1:5“ an die fiese Heimniederlage im August 1989 erinnert. Die folgenden „Eintracht-Schweine!“ der Nordkurve sind vermutlich bis an die Oker zu hören.
Karaman mit dem erlösenden Treffer
Müller klärt gegen Ivanov (50.); die erste gelbe Karte des Spiels geht an Tauer für einen etwas zu herzhaften Griff an Teroddes Trikot. Die Nordkurve schmettert derweil „Stadion geh’n, im Pappbecher Bier…“ und „Eine Stadt erstrahlt in Blau“, aus dem Gästeblock ist „Braunschweig, schieß‘ ein Tor für uns“ zu verstehen.
Als nächstes soll „Geh‘n mit dir auf jede Reise“ auf der Playlist stehen, doch nach der Anfangszeile richten sich alle Augen auf Karaman, der nach schöner Vorarbeit von Murkin in den Braunschweiger Strafraum marschiert, Bicakcic aussteigen lässt und eiskalt zum 1:0 ins lange Eck vollendet (61.). Selten wurde der Torjingle „Blau und Weiß ein Leben laaang!“ erleichterter rausgebrüllt…
Die Fans stimmen nun „Immer wieder S 04!“ an; Geraerts bringt mit Topp und Mohr für Terodde und Churlinov zwei frische Kräfte (62.). Idrizi und Topp sehen kurz nacheinander jeweils Gelb, was den nach Ansicht der Nordkurve zu empfindlichen Gegenspielern ein liebevolles „Ihr seid nur ein H*rensohnverein“ einträgt. Auch Scherning wechselt doppelt, Krüger und Helgason ersetzen Gomez und Tauer.
Nichts für schwache Nerven
Müller fängt einen Braunschweiger Steilpass ab (68.) und zeigt sich insgesamt nervenstark und präsent. Mit Ujah für Krause kommt ein weiterer Stürmer der Löwen; Topp marschiert ins Abseits (78.) und Krüger reiht sich in die Reihe der Gelbsünder ein ( 82.). Zum zweiten Anlauf von „Geh‘n mit dir auf jede Reise“ schickt Idrizi aus der zweiten Reihe einen Fernschuss Richtung des Braunschweiger Kastens, den Hoffmann sicher runterpflückt (82.), kurz darauf wird die königsblaue Nummer 18 durch Exkapitän Latza ersetzt.
Die Nerven der Schalker in der Arena sind bis zum Zerreißen gespannt, zu oft wurden bereits in den Schlussminuten noch dringend benötigte Punkte aus der Hand gegeben. Matriciani klärt einen Schuss von Donkor ans Außennetz (85.), Topp verfehlt den Kasten ebenso wie Philippe (86.). Mit Griesbeck und Knappenschmiede-Absolvent Sidi Sané (für Kurucay und Philippe) ist das Wechselkontingent dann ausgeschöpft (87.).
Kurz darauf reißt es die Schalker erneut von den Sitzen, aber Karamans Schuss verfehlt das Tor um wenige Zentimeter (89.). Auch Schallenberg darf sich noch an einem Schuss versuchen (90.), bevor Geraerts mit Lasme für Karaman noch ein paar Sekunden von der Uhr nimmt. 04 Minuten Nachspielzeit gilt es noch zu überstehen, dann ertönt der erlösende Schlusspfiff – AUUUUS!
Drei immens wichtige Punkte, aber der Kampf muss weitergehen
Durch den Sieg klettert Schalke mit nunmehr 23 Punkten auf Platz 14; Braunschweig fällt auf Rang 17 zurück; mit Kaiserslautern und Rostock bleibt es jedoch so eng, dass bei jedem Ausrutscher wieder Relegations- oder Abstiegsplatz drohen.
Die Erleichterung bei Spielern wie Fans, dass der Kampf zumindest heute trotz einiger Unzulänglichkeiten belohnt wurde, ist trotzdem riesig, entsprechend werden die Spieler mit deutlichem Applaus und „Auf geht’s Schalke kämpfen und siegen“ empfangen, als sie teilweise mit ihrem Nachwuchs vor die Kurve treten. Anschließend geht es zu den Klängen von „Zeig mir den platz in der Kurve“ auf die Stadionrunde. Auch die Braunschweiger werden trotz der Niederlage von ihrer Kurve mit Beifall in das nächste Spiel verabschiedet.
Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass Marius Müller das in ihn gesetzte Vertrauen vollumfänglich gerechtfertigt hat und für den Abstiegskampf bessere Nerven hat als Ralle Fährmann. Die Spielstatistiken zeigen bei 17:8 Torschüssen bei Ballbesitz, Zweikämpfen und Laufleistung ausgeglichene Werte. Weiteres hartes Arbeiten ist angesagt, denn die nächsten Offensivreihen werden die Schalker Abwehr sicher härter prüfen als es seitens des BTSV der Fall war…